Deutsche Meisterschaft Doublette Frauen

[img:697:links]Die zweite DM Frauen in Schweinfurt endete mit einem großen Triumph für Baden-Württemberg. Drei der Halbfinalisten und die beiden Finalisten spielten mit dem Isch-Faktor. Der neue deutsche Meister sind gute alte Bekannte in der Pétanqueszene: Adelheid Raab-Jung und Edith Neumeister.

Doch jetzt kurz alles der Reihe nach. 115 Teams waren gemeldet – Fünf mussten kurzfristig absagen – es gingen also 110 Teams an den Start. Das waren 10 Teams mehr als im vergangenen Jahr. Baden-Württemberg hatte in diesem Jahr sein Kontingent voll ausgeschöpft, ebenso Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Bei NRW fehlten fünf Teams, bei Berlin zwei und Nord drei und vom Saarland war gerade die Hälfte der 16 Startplätze besetzt.
Die Schweinfurter Kugelleger eV um Andreas Kreile und Elek Kenyeres hatten das Terrain auf dem Vorplatz zum Stadion von Schweinfurt 05 hervorragend präpariert. Als wahrer Glücksfall für alle erwies sich das riesige VIP-Zelt, das die Schweinfurter Kicker zu Zweit-Bundesligazeiten erstellen ließen und das die Bouler jetzt nutzen durften. Vor allem am Samstag, als es der Wettergott überhaupt nicht gut meinte mit den Sportlerinnen, bot das Zelt immer wieder die Möglichkeit, seine Haut ins Trockene zu retten. Außerdem waren fünf Fernsehgeräte aufgestellt, die live über Olympia berichteten und so in den Pausen für eine willkommene Abwechslung gesorgt war.
[img:693:rechts]Kurz vor 11 Uhr konnte ich die Spielerinnen herzlich Willkommen heißen. Von der Stadt Schweinfurt war in Vertretung der Oberbürgermeisterin, die sich in Urlaub befand, Bürgermeister Otto Wirth erschienen. Pünktlich um11 Uhr schickte der Oberschiedsrichter und DPV-Schiedsrichterwart Gebhard Maier die Teams mit einem Pfiff ins Rennen. Schon in der ersten Poulerunde gab es einige Hängepartien, in denen um jeden Punkt hart gekämpft wurde. So machten z.B. die späteren Halbfinalisten NRW 9 in ihrem 3er-Poule ihr erstes Spiel erst um 14.30 Uhr. Als gegen 16.30 Uhr die erste Runde beendet war, standen damit die von allen mit Spannung erwarteten Quoten für die Qualität und damit für die 64 Startplätze in 2005 fest:
BaWü 26 + 5
Bayern 5
Berlin 1 + 1
Hessen 7 + 1
NiSa 2 + 2
Nord 1
NRW 12 – 6
RLP 5 + 1
Saar 4 – 5
Thüringen 1 + 1
[img:699:links]Im zweiten Poule gab es die ersten Überraschungen, z.B. musste sich Titelverteidiger RLP 1 in der Barrage gegen RLP 3 geschlagen geben. Wegen Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen musste der Oberschiedsrichter die Spiele unterbrechen. Mit einem Mix aus zaghaften Sonnenstrahlen und teils kräftigen Regengüssen wurde der zweite Poule für alle Teilnehmerinnen zu einer recht feuchten Angelegenheit und die letzte Partie war erst gegen 23 Uhr zu Ende.
Der Sonntag wurde dann doch noch zum ersehnten Sonnentag. Pünktlich um 9 Uhr wurden die 16tel-Finalspiele angepfiffen. Acht Teams aus Baden-Württemberg schafften es, unter die letzten 16 zu kommen, die restlichen acht kamen aus Bayern, NRW, RLP, Berlin und je zwei Teams aus Hessen und dem Saarland. Diese beeindruckende Bilanz für Baden-Württemberg setzte sich fort bis ins Finale: sechs von acht im Viertelfinale, drei von vier im Halbfinale und das Finale machte Baden-Württemberg unter sich aus. Dabei war wohl das Überraschungsteam BaWü 25 Tanja Reich (BBSC Singen) und Susanne Regenscheit (BF Überlingen). Nacheinander warfen sie Bayern 1 Lola Herrmann/Tina Stegel-Fehrle, Saar 3 Sarah Orth/Petra Scherer und BaWü 2 Heide Loebers/Susanne Fleckenstein aus dem Rennen. Für weitere Überraschungen sorgte auch das letzte NRW Team Karin Voigtläucher und Diana McPeak-Feringhof, die sich gegen Annick und Muriel Hess, Ellen Krieger/Indra Waldbüsser durchsetzten und erst durch den späteren deutschen Meister klar gestoppt wurden.[img:689:mitte][img:691:mitte]
Das Endspiel selbst war, wie so oft, zunächst geprägt von Nervosität und gegenseitigem Abtasten. Auch war die Anstrengung der letzten beiden Tagen bei den Akteuren und dem Publikum zu spüren. Richtig lebendig wurde die Partie erst nach einem Einschreiten des Oberschiedsrichters, der eine regelwidrig gespielte Kugel von Edith Neumeister aus dem Spiel nahm, was für viele Zuschauer zwar nicht nachvollziehbar war, aber eine korrekte Entscheidung war. In der ersten Phase des Spieles gingen die Punkte gleichmäßig an beide Teams und es wurden immer wieder Möglichkeiten ausgelassen die Big Points zu machen. Erst nach dem 7:7 Gleichstand drehten Adelheid Raab-Jung und Edith Neumeister so richtig auf. Dem 9:7 folgte die vorletzte Aufnahme, in der die beiden schon hätten Schluss machen können, verfehlten das Ziel aber um Millimeter. Dann das erlösende 13:7, großer Jubel bei den zahlreich verbliebenen Zuschauern – natürlich vom BaWü-Fan-Block – und Glückwünsche von allen Seiten.
[img:695:links]Bei der Siegerehrung waren zwar schon einige Teams abgereist, aber ein Großteil der Spielerinnen konnte die verdienten Urkunden und Pokale – und vor allem den Applaus des Publikums – entgegennehmen. Sehr stimmungsvoll dabei – wie bei Olympia – die Siegertreppe, auf der die Sieger, Vize und Dtittplatzierten die Ovationen entgegennehmen durften.Ein großes Dankeschön aber auch an den Ausrichter, die Schweinfurter Kugelleger, die alles taten, damit sich die Sportlerinnen und Gäste wohlfühlten. Dafür gab es als kleine Erinnerung vom DPV die aktuellen Pins, eine Sonderedition Sekt und den großen DPV-Wimpel. Dank auch an die beiden Schiedsrichter, die in Regen und Sonne ihren Dienst sehr gut ausübten, an Norbert Lohhaus und DPV-Schiedsrichterwart Gebhard Maier.
Hier die Ergebnisse des zweiten Tages.
[f]1/8-Finale
Bay 1[/f] Tina Stegel-Fehrle, Lola Herrmann 10
[f]BaWü 25[/f] Susanne Regenscheit, Tanja Reich [f]13
NRW 9[/f] Karin Voigtländer, Diane McPeak-Feringhof [f]13
BaWü 5[/f] Annick Hess, Muriel Hess 9
[f]BaWü 11[/f] Heike, Raab, Susanne Thoma [f]13
Saar 2[/f] Monika Thielen, Birgit, Thielen 1
[f]BaWü 3[/f] Adelheid Raab-Jung, Edith, Neumeister [f]13
RhPf 7[/f] Glaser Carsta, Georges Irmgard 3
[f]BaWü 21[/f] Birgit Marquardt, Claudia, Böhler [f]13
BaWü 4[/f] Gisi Roschanski, Anita-Dolores Barthelemy 12
[f]BaWü 1[/f] Ellen Krieger, Indra Waldbüsser [f]13
Hess 2[/f] Bärbel Nessel, Barbara Ritter 6
[f]Saar 3[/f] Sarah Orth, Petra Scherer [f]13
Berl 1[/f] Ina Geitner, Andrea Schirmer 4
[f]BaWü 2[/f] Heide Loebers, Susanne Fleckenstein [f]13
Hess 9[/f] Siggi Rasenberger, Lolita Hörnlein 3
[f]1/4-Finale
BaWü 3[/f] Adelheid Raab-Jung, Edith, Neumeister [f]13
BaWü 11[/f] Heike, Raab, Susanne Thoma 10
[f]NRW 9[/f] Karin Voigtländer, Diane McPeak-Feringhof [f]13
BaWü 1[/f] Ellen Krieger, Indra Waldbüsser 10
[f]BaWü 25[/f] Susanne Regenscheit, Tanja Reich [f]13
Saar 3[/f] Sarah Orth, Petra Scherer 11
[f]BaWü 21[/f] Birgit Marquardt, Claudia, Böhler 8
[f]BaWü 2[/f] Heide Loebers, Susanne Fleckenstein [f]13
1/2-Finale
BaWü 25[/f] Susanne Regenscheit, Tanja Reich [f]13
BaWü 2[/f] Heide Loebers, Susanne Fleckenstein 11
[f]BaWü 3[/f] Adelheid Raab-Jung, Edith, Neumeister [f]13
NRW 9[/f] Karin Voigtländer, Diane McPeak-Feringhof 0
[img:701:rechts]
[f]Finale
Bawü 3[/f] Adelheid Raab-Jung, Edith, Neumeister [f]13
BaWü 25[/f] Susanne Regenscheit, Tanja Reich 7
[f]Deutscher Meister 2004 Doublette Frauen:
Adelheid Raab-Jung, Edith, Neumeister vom BC SB Mühlacker[/f]
Der Schweinfurter Vizepräsident Elek Kenyeres schickte mir soeben den nachfolgenden Bericht aus der Mainpost. Ich finde, der Reporter hat sehr gut beobachtet.
[f]pétanque – Adelheid und ihre Kugeln
Die Professionalisierung im Pétanque-Sport schreitet voran – aber nur langsam. Zumindest in Deutschland.[/f]
[k]Großer Sport auf Splitt: Bei der zum zweiten Mal ausgetragenen deutschen Meisterschaft im Damen-Doublette zeigten 256 Spielerinnen auf dem Vorplatz des Schweinfurter Willy-Sachs-Stadions ihr ganzes Können im Umgang mit den silbernen Kugeln. Dass Adelheid Raab-Jung und Edith Neumeister aus Mühlacker letztlich den Titel gewannen, verwunderte am Ende nicht. Schließlich kamen drei der vier Halbfinalisten aus der Pétanque-Hochburg Baden-Württemberg.
Im Halbfinale hatte das Duo vom BC SB Mühlacker mit der nordrhein-westfälischen Paarung Karin Voigtländer/Diane McPeak-Feringhof noch kurzen Prozess gemacht (13:0). Im Endspiel jedoch lagen Raab-Jung/Neumeister gegen die unorthodox spielenden „Emporkömmlinge“ Susanne Regenscheit (BF Überlingen) und Tanja Reich (1. BBBC Singen) schon 1:6 zurück. Mit Konzentration, Ballgefühl und Nervenstärke gelang noch die Wende und ein 13:7-Erfolg.
Im letzten Durchgang reichte den neuen Titelträgerinnen eine einzige Kugel zum gewinnbringenden Punkt. Grund: Bei den Konkurrentinnen, die sich schelmisch „Chaoten-Team“ aufs Trikot geflockt hatten, brach am Ende tatsächlich leichte Konfusion aus, weil alle sechs Wurfversuche zu ungenau gerieten.
Cool und routiniert schob dagegen Edith Neumeister (die ihren Nachnamen jetzt zu Recht trägt) mit perfekten Würfen ihr Team auf die Siegerstraße. Kollegin Adelheid Raab-Jung freute sich: „Im Schießen hatten wir Vorteile.“ Und in konditioneller Hinsicht, denn während sich die Mühlackerinnen die Sonne auf die Nase brennen ließen, plagten sich Regenscheit/Reich noch in ihrem Halbfinale, das sie nach zähem Ringen 13:11 gegen die favorisierte Paarung Heide Loebers/Susanne Fleckenstein gewannen.
Nichts mit dem Ausgang der Meisterschaft hatten die Titelverteidigerinnen Christiane Negrelle und Sabine Amelung (Team Rheinland/Pfalz I) zu tun, die im zweiten Poule ausschieden. Noch früher erwischte es die Schweinfurter Starterinnen Ines Löffler, Birgit Diel und Michaela Semineth: Aus in Runde eins. [/k]
[f]Gute Stimmung [/f]
[k]Dennoch herrschte große Freude beim Veranstalter, den Schweinfurter Kugellegern: Gute Stimmung, zumindest am zweiten Final-Tag auch passables Wetter und ein paar Euro für die Vereinskasse. Zu verdienen gibt es im Pétanque nämlich so gut wie nichts. Kaum öffentliche Wahrnehmung, demzufolge auch keine Mäzene. Die Sponsoren sind die Mitglieder selbst. „Wir haben hier nur um Ruhm und Ehre gekämpft“, meinte die mit Urkunde und Skulptur dekorierte Raab-Jung.
Und auch sportlich liegt noch einiges im Argen im erst Anfang der Achtziger gegründeten Deutschen Pétanque-Verband (DPV): Zwar gibt es mittlerweile 14000 Aktive (zum Vergleich: Im Stammland Frankreich sind es 500000), doch die innerverbandlichen Strukturen sind noch lange nicht professionell, vieles wirkt rührig-familiär. Vor allem eine Bundesliga als Oberbau fehlt.
DPV-Präsident Klaus Eschbach (Ettenheim), der mit seinem Verband jedes Jahr acht Meisterschaften (auch in Triplette und Tireur) zu veranstalten hat, klagt: „Ehrenamtlich ist das alles kaum noch zu leisten.“ Sein Ziel: die Einführung eines Zwei-Lizenz-Systems zur deutlicheren Abgrenzung zwischen Wettkampf- und Hobbyspielern.
In punkto Wettkampf-Outfit gibt es immerhin Fortschritte, denn eine einheitliche Oberbekleidung ist mittlerweile zwingend vorgeschrieben. War aber auch mächtig peinlich, als sich Eschbach bei der deutschen Meisterschaft im gemischten Triplette in Mosbach vom dortigen Oberbürgermeister anhören durfte „Ist ja ein schönes Vagabunden-Treffen, das ihr da veranstaltet“. Nichtsdestotrotz erfreute sich auch in Schweinfurt die Jeans als Basis-Outfit größter Beliebtheit. Nicht bei den Zuschauern, sondern bei den Aktiven.
Allen Schwierigkeiten zum Trotz: Pétanque träumt davon, 2008 in Peking ins olympische Programm aufgenommen zu werden. Bei den World Games 2005 in Duisburg präsentiert sich die eigener Einschätzung zufolge „im Trend“ liegende Sportart mit den weltbesten Nationalteams. Und auch Eschbach will weiter den Ruf aufpolieren: „Beim Pétanque gibt die Jugend den Ton an. Das Bild von alten Männern mit Baskenmütze, Baguette und Beaujolais stimmt nicht.“ [/k]