EM Espoirs 2019, Elbeuf/Frankreich

Die gerade zu Ende gegangenen Pétanque-Europameisterschaften der Espoirs in Saint-Pierre-lès-Elbeuf, Frankreich, waren für den Deutschen Pétanque Verband ein Riesenerfolg: vier Medaillen aus vier Wettbewerben, das hat bei dieser EM keine andere Nation geschafft – Platz 1 in der Nationenwertung für Deutschland! Und obwohl es dieser Riesenerfolg war, geht es denjenigen, die dabei waren, nicht aus den Köpfen, dass „noch mehr drin gewesen“ wäre. Aber bleiben wir zunächst bei dem Erreichten.

Gold für Eileen Jenal im Präzisionsschießen – der DPV hat eine neue Europameisterin!

Eine strahlende Siegerin im Trikot der Nr. 1 von Europa!

Eileen schießt sich im Viertelfinale gegen Ungarn mit mehr als doppelt soviel Punkten wie ihre Gegnerin ins Halbfinale. Dort trifft sie auf die Vertreterin aus Belgien, liegt nach zwei Ateliers mit 9:18 hinten, zeigt sich dann nervenstark, angesichts der laufenden Kameras, Schwenkarme und des Publikums – und holt auch hier am Ende einen deutlichen Sieg. Im Finale steht sie der Französin Emma Picard gegenüber, liegt 8:9 nach dem ersten Atelier zurück, kommt mit 11:12 aus dem zweiten Atelier, zieht dann im dritten Atelier mit 18:14 an der Französin vorbei, nach dem vierten Atelier steht es 23:18 für Eileen – und die Schüsse auf die Zielkugel im fünften Atelier werden das Zünglein an der Waage. Beide treffen im ersten Versuch nicht. Emma Picard trifft im zweiten Versuch, Eileen nicht, neuer Spielstand 23:23. Eileen trifft im dritten Versuch, Emma nicht, 28:23. Beim letzten Schuß in diesem Atelier kann man im riesigen Boulodrôme „Henry Salvador“ eine Stecknadel fallen hören. Eileen ist im Kreis, schießt – und trifft nicht. Emma Picard kann nun mit einem Treffer für ein Unentschieden und damit ein Stechen sorgen. Sie steht im Kreis, und jetzt kann man es hören, wenn ein Windstoß die Stecknadel auf dem Boden bewegt. Sie holt aus, sie schießt und – trifft nicht! Mit 28:23 ist die DPV-Kaderspielerin Eileen Jenal Europameisterin der Espoirs 2019. In dem anschließenden Jubel, nicht nur der anwesenden Deutschen, hätte man einen tieffliegenden Überschall-Jet über der Halle nicht mehr gehört.

Bronze für Pascal Müller im Präzisionsschießen

Wenn man sieht, wie Pascal hier enthusiastisch strahlt, möchte man gar nicht wissen, wie er schaut, wenn er mal weniger zufrieden ist!

Pascal hat es in der Qualifikation zum Wettbewerb – genau wie Eileen – sofort in das Viertelfinale geschafft. Hier schießt er sich gegen den bärenstarken Schweden William Silferberg über 9:18, 12:26, 20:28, 31:28 nervenstark mit einem großartigen 44:33 in das Halbfinale. Dort muss er sich dem späteren Europameister, dem Spanier Jesus Alarcõn knapp mit 40:50 geschlagen geben – auch hier wäre (siehe oben) „mehr drin“ gewesen. Eine tolle Leistung und eine verdiente Medaille.

Bronze für das DPV-Damen-Triplette

Das erfolgreiche DPV-Damen-Team.

Das Damen-Triplette hatte einen klassischen Fehlstart in diesem Wettbewerb, der aber auch den „großen“ Namen der gegnerischen Nationen geschuldet war. Im ersten Spiel gegen Belgien gehen sie mit 4:13 unter. Gleich in der nächsten Runde geht es gegen Frankreich, die Partie wird 5:13 verloren. Wer nach so einem Einstand hängende Schultern und Resignation erwartet, liegt bei unserem jungen Damen-Team falsch. Es folgt ein 13:9-Sieg über die Slowakei, 13:10 werden die Schweizerinnen geschlagen, im fünften Spiel führen die Spanierinnen schon 10:2, als der berühmte „Ruck“ durch unsere Mannschaft geht, 13:10 heißt es hier am Ende für Deutschland. Am nächsten Tag wird im sechsten Spiel Ungarn mit 13:7 geschlagen, anschließend kassiert England eine 6:13-Niederlage gegen die DPV-Damen, einen kleinen Schatten wirft dann eine 10:13-Niederlage gegen Tschechien auf die Sieges-Serie unseres Teams. Aber im neunten und letzten Spiel bleibt die Türkei beim 13:1 durchgängig chancenlos. Für die DPV-Damen bedeutete dies den Einzug in das Halbfinale dieser Europameisterschaft.

Und hier geht es wieder gegen Frankreich. Wir bleiben beim „mehr drin“ und umschreiben kurz die Aufholjagd, als den Französinnen beim 7:12 nur noch dieser eine Punkt zu ihrem Sieg fehlt. Am Ende ist es eine einzige versprungene Kugel, die umgekehrt den Sieg des DPV-Teams verhindert. Mit 12:13 verlieren unsere Damen dieses Spiel und freuen sich trotzdem über die Bronzemedaille der Europameisterschaft 2019.

Silber für das DPV-Herren-Triplette

Die DPV-Herren können sich auch wunderbar über eine Silbermedaille freuen.

Die DPV-Herren trafen im Viertelfinale auf die Türkei – und hier hatte man wirklich den Eindruck, dass die Sportler vom Bosporus mit einer gehörigen Portion Respekt in die Partie gegangen sind. Es lief wenig rund bei diesen sympathischen Gegnern, am Ende mussten sie sich mit 1:13 geschlagen geben. Der Weg für die DPV-Herren in das Halbfinale war geebnet. Hier wartete aber mit Schweden ein ganz anderes Kaliber. Die Skandinavier hatten in ihrem Viertelfinale Frankreich aus dem Wettbewerb geworfen und waren mit dem – aus dem Tireur-Wettbewerb schon bekannten – starken William Silferberg bestens equipiert. Wobei seine Team-Kollegen Ivar Liljegren, Robert Ulfsson und Rasmus Wirström auch keine Namen tragen, die man in der internationalen Pétanque-Szene googeln muss, um zu wissen, welche Erfolge sie auf sich vereinen. Und auch in dieser Begegnung hätte es fast geheißen: „Hier war mehr drin“, denn ein „Match-Ball“ beim Stand von 8:9 aus deutscher Sicht, der das 13:9 markiert hätte, versprang ebenfalls. Aber anders als bei den glücklosen Damen konnte hier in der folgenden Aufnahme der „Sack zugemacht“ werden – 13:9 hieß es am Ende für den DPV, und das bedeutete natürlich den Einzug in das Finale.

Dort ging es dann gegen Finnland. Die Finnen hatte bei dieser EM eigentlich niemand auf den vorderen Plätzen vermutet. Spätestens, als sie im Halbfinale Monaco aus dem Wettbewerb geworfen hatten, änderte sich das. Die DPV-Spieler gingen sicher nicht mit irgendeiner Überheblichkeit in dieses Spiel gegen die vermeintlich „kleine
“ Pétanque-Nation. Ganz im Gegenteil waren die äußeren Umstände – alle wurden mit Funkmikrofonen ausgestattet, man spielt in dem Wissen, dass jedes Wort, das man im Laufe der Partie von sich gibt, live im Fernsehen übertragen wird, rundherum Kameras, darunter ein riesiger Schwenkarm, der jedem auf Schritt und Tritt folgt, ein großes Publikum usw. usf. – den Finnen deutlich egaler als unseren Spielern.

Und es ging dann schnell. Das DPV-Team hatte sich gerade einigermaßen an das etwas „exotische“ Umfeld gewohnt, da stand es 13:0 für die neuen Europameister aus Finnland. „Sudden Death“ nennt man sowas wohl in anderen Zusammenhängen.

Die verdienten Espoirs-Europameister 2019 aus Finnland, die ein angemessener Empfang bei der Rückkehr in ihr Heimatland erwartet. Ein herzergreifendes Signal der belgischen Damen- Nationalmannschaft, die auch bei dieser Siegerehrung auf der Nationalfahne an Cyril Vangriecken erinnerten. 

Trotz der zunächst enttäuschenden Partie war die Freude über die Silbermedaille am Ende natürlich riesengroß. Und den Finnen, die sich als große Sportsmänner bewiesen haben, gönnt man umso mehr ihren Riesen-Erfolg. Das Team wird bei seiner Rückkehr am Flughafen übrigens von einer großen Delegation ihres kleinen Verbandes empfangen und angemessen gefeiert.