WM Pattaya, Thailand – Teil 3



Traditionell gekleidete Thaitänzerin
Ein Wort zu den thailändischen Organisatoren: Sie wurden ihrer Aufgabe voll gerecht! Die immer freundlichen, stets zuvorkommenden KartenverkäuferInnen, GetränkestandverkäuferInnen, Einlasser, PR-GehilfInnen, Essensbediensteten, Aufräumer, das Hallenhilfspersonal, die den Nationen zugeteilten Sprach-Helfer waren nach Jahren der grenoblischen Hallenzwangsmaßnehmer und Ausnahmezuständler für Sportler und Funktionäre eine wahre Wohltat.
Sie haben bewiesen, dass es auch anders geht, dass man keine Ware sondern Mensch, ja Gast ist, und dass man sich beim Halleneinlaß nicht gleich als potentieller Attentäter fühlen muss. Der freie Bewegungsspielraum brachte Entspanntheit, Lockerheit und Fröhlichkeit unter die Anwesenden. Kein Gespür mehr von Druck, der Entstehung peinlicher Szenen, Leibesvisitationen und Unverschämtheiten, die man sich zuletzt zweimal in Grenoble, aber hier besonders im Jahre 2004 bei Teilnehmern und Zuschauern oftmals genug hatte bieten lassen müssen.
Vielen Dank Thailand, vielen Dank den vielen Helferinnen und Helfern, die auch für eine schöne und erinnerungswürdige Eröffnungsfeier sorgten, die hier zuerst in Bildern und später in einem Filmchen gewürdigt werden soll.
KHOOP – KHUN KHRAP, THAILAND, KHOOP – KHUN KHRAP !
Nach Stunden des Durchforstens von hunderten von Bildern und der Nachbearbeitung vieler davon mit einem Grafikprogramm, hier wieder zwei weitere Dutzend Bilder –  erstmal vom Welcome-Dinner, die Auslosung und die Eröffnungsfeier betreffend.  Das kurze Filmchen dazu (ca. 5 bis 6 Minuten lang) hoffe ich am Wochenende online stellen zu können, wenn ich es fertig geschnitten habe.
MITTWOCH, 19. September 2007
Die Teams sind akkreditiert. Die Spannung stieg sichtlich auch bei uns allen. Spieler und Personal waren in unterschiedlichen Hotels untergebracht, gerade mal einen Steinwurf voneinander entfernt. Dennoch musste man die Strasse 150 Meter zum Strand nehmen, nur um einen Bogen von 50 Meter zu machen und die Parallelstrasse wieder 150 Meter vom Strand weg ’nach oben‘ gehen. Natürlich kam man dabei immer mit dem ‚touristischen Treiben‘ auf den Strassen in Kontakt, den Bars, Animiershops, Eheanbahninstituten oder war einfach nur der Anmache von Weiblein oder transgender-Männlein auf der Strasse ausgesetzt.
Bei einer Tuc-Tucfahrt durch die Stadt zum Zwecke der Suche einer Bank das „Puff“ Pattaya beobachtend, wie ich diese Stadt zu nennen pflegte, begann ich mich an die Strassenzüge Salvador de Bahias oder die Stadtteile Addis Abebas, Nairobis, Windhuks oder Johannesburgs zu erinnern, in denen sich ein ‚Mzungu‘ oder Weisser noch abends hinzutrauen wagt. Im Gegensatz zu diesen für die eigene Gesundheit meist abträglichen, weil gefährlicheren Orten, wirkte das Gewusel der Strassen Pattayas fast europäisch, gesittet, nach Regeln und Riten ablaufend, sich von Strassenzug zu Strassenzug wiederholend:
Bars mit Europäern, Australiern, Amerikanern, zumeist über 40, gar über 50, in deren Gesichtern sich das Leben mannigfaltiger Enttäuschungen widerspiegelt, und deren Begleiterinnen, zumeist junge, manchmal sogar schöne Thaifrauen, die vom Alter her deren Kinder und Kindeskinder sein könnten. Vor der Reihe Barstühle und Tresen, an denen die schon ab 12 Uhr mittags wieder kauernden ‚Verliebten‘ die Whiskey-Cola oder das Bier für 80 Cent schlürfen, steht immer eine lange Kette aufgereiter, bunter Motorräder, Mofas und Vespas, die in Dominoaufstellung einen Randstein zur Strasse bilden, kaum einmal ein Durchkommen für Mensch und Hund zulassend. Hunde, sie sind überall, und sie unterscheiden sich nicht von ihren zweibeinigen Mitbewohnern, denn hier leben auch sie wie Ausgestossene, wohl genauso oft geschlagen, angefahren und verletzt worden, ihr letztes Heil der Welt suchend in den schäbigen kleinen Kneipen und vor den Animierbuden einer verruchten Kleinstadt. Nirgendwo sonst stossen Chancen und Versagen in einer so innigen Umarmung aufeinander.
Pattaya ist ihr Herz – Thailands, der Urlauber, der Menschen, die noch etwas suchen in dieser Welt des Scheins. Urlaubsmotor, Devisenbringer. Und täglich pumpt es Entkräftete, von unserer Gesellschaft Aufgezehrte oder einfach nur Aussteiger aus den Metropolen der Welt zu sich, füllt sich damit abends mit Leben, um die lebendige Masse nach einiger Zeit wieder ungehörig auszuspucken. So geht das, 365 Tage im Jahr, immer nach dem gleichen Rhythmus.
Nach einem Tag hatte ich genug davon gesehen.

Bild: Eröffnungsdinner am Mittwoch Abend mit der dazugehörigen Auslosung.
Fünfzig Nationen hatten ihre Tickets für Pattaya gelöst. Darunter auch einige Nationen, die jetzt das erste Mal an einer Weltmeisterschaft teilnahmen. Das waren Kroatien, Litauen, Indien, Vietnam und Taiwan.
Doch etwas weniger, als der Veranstalter (FIPJP) und Ausrichter (Thail. Pét. Verb.) gedacht hatte.
Dennoch, der große Dinner-Saal des Hotels „A-One“ platzte aus allen Nähten. Das Hotel, das wie ein Ozeandampfer gebaut ist, beherbergte auch die Meisten der ausländischen Spieler. Die Bediensteten waren standesgemäß als Matrosen, als Fahrende zur See gekleidet – eine nette Idee…
Die Auslosung nahm Claude Azema persönlich vor. Wir ließen Daniel unsere Gruppe ziehen, das erwies sich als eine glückliche Wahl. Deutschland landete in Gruppe C. Mit Bulgarien, China, Vietnam, Slowenien, Kroatien und dem einzigen „Hammer“ in dieser Gruppe, Frankreich 1, den späteren Weltmeister.

Selbstverständlich konnte ich es mir nicht verkneifen, eine zufriedene Miene zu dieser für uns günstig verlaufenen Auslosung zu machen. Meine russischen Kollegen, die sich mit mir minutenlang vor dem Tableau unterhielten, waren hingegen regelrecht im Schockzustand über ihre Gruppe.
Unsere Spieler wirkten nicht ganz zufrieden, hätten sie doch gerne vermieden, schon in der ersten Gruppenphase auf unsere Kollegen aus Kroatien zu stossen. Da war klar, dass ganz Bouledeutschland auf dieses Spiel schielen würde. Tino, Micha und Stipe hatten nicht viel zu verlieren, wir schon, stand doch unser leistungssportliches Auswahlverfahren auf dem Prüfstand. Eine Niederlage käme einem Fanal gleich, das es zu verhindern galt.
Alles Beschwichtigen und Erinnern an unsere Stärken half da nichts – es war in den Augen unserer Spieler ganz klar eine doppelte Belastung.
Man vermisste v.a. die Kambodschaner, die es vorgezogen hatten, wegen ein paar hundert Euro lieber nicht zu erscheinen und die Schulden bei der FIPJP nicht zu begleichen. Die Tragödie der Algerier, die kein Visa erhalten hatten und als eine der starken Nationen nicht erscheinen konnten. Oder die vielen westafrikanischen Staaten, die sich die teure Anreise einfach nicht leisten konnten…

Meine Einschätzungen, die ich an Betreuer Wiebusch und die Spieler formulierte klang etwa so:
– Keine Angst vor Bulgarien – dort spielt heuer der Präsi samt Familie.
– Die Chinesen sind noch nicht zu fürchten – es sei denn, man übersieht die eigene Regie der sogenannten Eröffnungsspiele, wo es immer heisst: Vorsicht.
– Zu Kroatien musste man nicht viel sagen, ausser dass unsere Jungs besser spielen konnten und gewinnen sollten. Ganz klar – eben die eigenen Stärken erkennen und immer wiederholen!
‚Es läge nur an uns, ob wir gewinnen wollen oder nicht – hier sei ein unbedingter Wille erforderlich – dann folge auch der Erfolg.‘
– Vor den Slowenen, einer eingespielten Truppe, warnte ich eindringlich. Sie stellen die Jahr für Jahr beste Truppe des östlichen Raums Europas.
– Frankreich attestierte ich die klare Favoritenstellung in dieser Gruppe. Hier gehe es hauptsächlich darum, ein in unseren Augen gutes Spiel zu machen, unabhängig vom späteren Ergebnis.
– Als große Unbekannte pries ich die Vietnamesen an. Sie hätten auf den Asienspielen schon Thailand geschlagen, aber auch schon gegen z.B. Japan verloren. Vielleicht: Einmal hui, einmal pfui? Wer weiss das? Ihre Spielerbesetzung richte sich normalerweise nach den finanziellen Möglichkeiten. Ist es nah, kommen sie mit Sicherheit mit dem Besten, was Hanoi, Haiphong, Ho-Chi-Minh-Stadt und Da Nang zu bieten hat. Also Vorsicht vor den Vietnamesen – die werden nach Thailand mit guten Leuten angereist sein! 
So in etwa waren meine Äusserungen.
Am Nachmittag waren wir erstmals mit der tollen Halle, dem Indoor Athletics Stadion vertraut gemacht worden – eine imposante Halle, die genügend Platz für eine solche WM bot.
Die Eröffnungsfeier wurde eines der Highlights:

Anfahrt zum Stadion – entweder mit dem Bus der Organisatoren oder privat mit dem Tuc-Tuc (=Sammeltaxi).

Schulkinder, die für die Eröffnung eigens aus den umliegenden Schulen herbeigebracht wurden, sorgten in der Halle für entsprechend gute Stimmung.
Ihre Mitschüler nahmen auch an der Vorführung in der Halle teil – ein Feiertag für die ganze Schule also. Aussergewöhnlich, mit welcher Disziplin die Jugendlichen versehen waren. Stoisch warten sie hier im Bild minutenlang auf den Bus für die Abfahrt.

Minuten vorher in der Halle: Die Kids als rosa Zuschauermeer, davor der halbe Betreuerstab der Franzosen.

Das Stadion von aussen: Außentemperatur: 32 Grad. Innentemperatur: 20 bis 25 Grad, wenn die Klimaanlagen angeschmissen wurden, kühlte sich die Halle auch schon mal auf 16 Grad ab. Optimale Bedingungen also für einen ordentlichen Schnupfen!

Dem König zu Ehren. Phumipol ist der unumschränkte, konstitutionelle Regent des Staates Thailand. Seine Farbe ist das Gelb. Seiner Gemahlin ist das Hellblau vorbehalten. Beide werden hoch verehrt und haben einen Popularitätsgrad im Lande wie Papst Benedikt in Bayern. Stets finden sich Altäre und Standtafeln an Strassenkreuzungen, öffentlichen Gebäuden und Verkehrsinseln.
  Und das war das Maskottchen der WM
Die Eröffnungsfeierlichkeiten begannen:

Welcome – people of the world – Thailand welcomes you! 






Die Aufführungen waren schön gelungen. Man merkte, dass hier etwas Besonderes dargestellt werden sollte, wenngleich die thailändischen und englischen Lautsprecherdurchsagen in den Tönen der Musikkapelle etwas untergingen.


Zur Eröffnung wieder eine magere Zuschauerfrequenz. Schade – wie jedes Jahr auch dieses Mal zu wenig Interessierte vor Ort.
Die Spiele konnten beginnen!

Einspielen der Teams vor der Halle in brütender Hitze – nur noch wenige Minuten vor dem Start der WM, die zuerst den Tir de Précission vorsah, wo für den DPV Jannik Schaake teilnehmen sollte.

Bildtitel: Boulespielen in einem fremden Land
Patrick, Martin, Jannik und Jan unter thailändischer Fahne (und Sonne 😉 waren nach gut einer Woche schon an diese Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse gewöhnt.
Die nächsten Teile des WM-Berichtes umfassen u.a.:
Das Eröffnungsvideo
Der Tir de Précission
Die Vorrunde
Der Sechzehntelfinalpoule
Der Achtelfinalpoule
Die Viertelfinale
Die Finalspiele (Halbfinale und Finale)
Das Abschlussbankett