WM Pattaya, Thailand – Teil 8


Die Sechzehntelfinalpoules – kurzgefasst – Die besten 32 Teams der Welt:

Die Madagassen hatten hier keine Probleme. Laos zieht zweimal – gegen den Senegal und gegen Dänemark, den Kürzeren. Große Freude beim Fan-Anhang der Dänen, die in einem kampfbetonten Spiel, das ohne jede nordische Gemütskühle gegen den Senegal gespielt wurde, den Einzug ins Achtelfinale perfekt machten. Eine der besten Platzierungen unserer dänischen Nachbarn bei einer WM war somit gelungen!

Die ‚kleinen‘ Thais dominierten den Poule und sorgten wieder für gute Stimmung unter den bislang enttäuschten heimischen Zuschauern.
Portugal stolpert zum ersten Mal – gegen Tschechien, kann aber die Revanche mittels Barrage gewinnen. Australien chancenlos ausgeschieden.

Philippe Quintais Team hat nach den schweren Spielen gegen Kroatien und  Vietnam im ersten Poule dieses Mal keine Probleme gegen Monaco (13:2) und Djibouti (13:1). Finnland kann nach einem „Unfall“ gegen Djibouti die Scharte auswetzen und schafft dann doch noch einen ungefährdeten Einzug in die Runde der letzten 16.

Realistisches Minimalziel des D.P.V.: In die Runde der letzten 16 kommen.
Aufgabe erfüllt. Der Poule war auch zu schaffen, die Seychellen und Neuseeland musste man hinter sich lassen – Frankreich 2, der Weltmeister, erwies sich einmal mehr als eine Nummer zu groß. Neuseeland gelang im zweiten Spiel ein überraschender Erfolg gegen die Seychellen.

Gleich zweimal mussten die Deutschen gegen die „All Blacks“ ran.
Beide Male schafften die konzentriert spielenden, aber nicht brillierenden Spieler des DPV ungefährdete Siege.
Die Kiwis, die sich überwiegendenteils aus ausgewanderten Franzosen rekrutierten, hatten im Großen und Ganzen nur ihre jahrzehntelange Bouleerfahrung in die Waagschale zu werfen. Der Gedanke ist schon irritierend, dass die drei Spieler der Grundaufstellung der Neuseeländer erstens besser französisch als englisch sprechen und zweitens in Summa mehr als dreimal so lange Boule spielen wie unsere deutschen Spieler.
Kurze Statistik:
1. Spiel gegen Neuseeland: Terrain 9
Patrick 11,5 von 18 = 64 % / Jan 6 von 18 = 33 % / Jannik 12,5 von 18 = 70 %
4:0, 4:1, 5:1, 8:1, 8:3, 9:3, 9:4, 12:4, 13:4.
2. Spiel gegen Neuseeland: Terrain 28 (Barrage)
Patrick  9 von 14 = 64 % /  Jan 9,5 von 13 = 73 % / Jannik 9,5 von 14 = 68 %
5:0, 5:2, 10:2, 10:4, 10:6, 12:6, 13:6.
13:4 und 13:6 hieß es am Ende – mit dem zweiten Ergebnis war der Einzug in die Achtelfinalrunde geschafft. Die Leistungen im zweiten Spiel waren qualitativ ansprechend.

Bild oben: Turnierszene vor dem Barragespiel und nach der 1:13 Niederlage gegen Weltmeister Frankreich 2 in dieser Poulegruppe, die die Franzosen so unangefochten dominiert hatten.

Ausgerechnet wieder gegen ein französisches Team – so die schwere Aufgabe im deutschen Sechzehntelfinalpoule. Beim 1:13 war nichts zu machen. Zwei dicke Päckchen reichten dem Weltmeister für einen ungefährdeten Sieg. Fazit objektiver Beobachter (weil Zuseher fremder Nationen): „Chancenlos“.
Statistik: Gegen Frankreich 2 auf Terrain 2.
1:0, 1:5, 1:6, 1:7, 1:9, 1:13.
Martin 7 von 12 = 58 % / Jan 5,5 von 12 = 46 % / Jannik 5,5 von 12 = 46 %

Spielszenen aus der Begegnung gegen den damals noch amtierenden Weltmeister.

Von den wenigen Zuschauern in der Halle sahen die Meisten diesem Spiel zu, hatten sich die Deutschen doch bisher passabel geschlagen und standen mit neuen, international unbekannten Spielern nicht nur im Viertelfinale des Tir de Précission, sondern forderten auch noch den amtierenden Weltmeister heraus.

Bild: Jannik beim Legen: Für eine Sensation gegen Frankreich reichte es in diesem Jahr nicht.

Tunesien unangefochtene Sieger in einem sonst von Europäern dominierten Poule. Die Esten verabschiedeten sich schnell. Die Spiele zwischen der Schweiz und Schweden waren ein Highlight, ein Krimi. Jeweils bis zum 13:12 ging es, anfangs zugunsten der Schweden, jedoch im entscheidenden Barragespiel zugunsten der Schweizer. Erinnern wir uns – den Eidgenossen war schon in der ersten Runde gerade noch so das Weiterkommen gelungen.

Diesmal war für die jungen Österreicher in diesem Poule Schluss. Marokko gibt sich keine Blöße und wie schon im Poule W entscheidet sich das Weiterkommen zwischen zwei adäquat starken Teams – Benin und Kanada – Benin gewinnt zuerst, um dann Kanada in der Barrage den Sieg zu überlassen.

Ebenfalls keine allzu leichte Gruppe. Tahiti kämpft erst Spanien und dann Belgien nieder. „Unsere“ Kroaten haben es schwer und sind wohl auch kräftemäßig in einem Tief (gegen Spanien): Dem tapferen, lang andauernden 9:13-Kampf gegen Belgien folgt ein glattes 1:13 gegen die Iberer. Das war es dann mit der Weltmeisterschaft. Tino, Michael, Stipe und Co. befanden sich nun also im Nationencup.
Besonders spannend dann die Barrage zwischen Belgien und Spanien – spät abends. Spanien gewinnt knapp zu 10. Nicht nur an der Ergebnistafel stimmte es bei Belgien nicht („Belguim“). Van der Biest verbrachte nun wieder mehr Zeit auf der Bank als im Spiel. Das Team voller Stars konnte nie das zeigen, was die Einzelspieler wirklich vermögen zu spielen. Auch Belgien somit in den Nationencup hineingerutscht. Das war eine kleine Sensation und ich hatte gegenüber einem Kollegen Recht behalten, dass die Belgier dieses Mal nicht all zu weit kämen 😉

Auch hier klare Leistungstrennung: Die Elfenbeinküste bestimmte den Poule und schlug u.a. auch den späteren Bronzemedaillengewinner Italien. Großbritannien, das vom F.I.P.J.P. Kommitee ständig auf „England“ reduziert wurde, war chancenlos. Die Slowenen konnten den Italienern kein Paroli bieten.
NATIONENCUP – Erste Runde:
Poule I: Singapur, Weißrussland, Litauen / qualifiziert sind Singapur, Weißrussland
Poule J: Thailand 1, Indien / qualifiziert sind Thailand 1, Indien
Poule K: Vietnam, U.S.A. / qualifiziert sind Vietnam, U.S.A.
Poule L: Polen, Taiwan / qualifiziert sind Polen, Taiwan
Poule M: Japan, Norwegen, Bulgarien / qualifiziert sind Norwegen, Japan
Poule N: Ungarn, China / qualifiziert sind Ungarn, China
Poule O: Slowakei, Mauritius, Philippinen / qualifiziert sind Mauritius, Slowakei
Poule P: Niederlande, Malaysia, Russland / qualifiziert sind Malaysia, Niederlande
DIE ACHTELFINALPOULES:
Mit dem zweiten Platz im Poule war klar, dass wir den schweren Gang gegen zwei andere Poulesieger antreten mussten – die bislang so bärenstark agierenden Westafrikaner aus der Elfenbeinküste und die traditionell immer starken und zu favorisierenden Marokkaner. Ergänzt wurde unser Poule noch durch die sich Respekt verschaffenden Finnen, die heuer kompakter und selbstsicherer spielten als etwa der große Nachbar Schweden.
Die einzelnen POULES:
POULE 1: Madagaskar – Frankreich 1 – Spanien – Portugal
Eine ziemlich heftige Gruppe.  Madagaskar gewann zuerst locker gegen die Spanier mit 13:2. Zeitgleich hatte Frankreich 1 (Suchaud, Lacroix und Co.) erneut ein schweres Spiel – gegen die Portugiesen (13:9).
Spanien schaffte gegen Nachbar Portugal mit 13:2 den Einzug in die Barrage.
Dort erwarteten sie die Franzosen, die nur mit Mühe einer Fanny gegen furios spielende Madagassen entronnen waren (13:1).

Das Barragespiel Frankreich 1 gegen Spanien (13:4) wäre interessant geworden, hätten die Spanier nicht so viele taktische Fehler produziert. Gegen einen so starken Gegner darf man einerseits nicht erst mit der dritten Kugel das Schiessen anfangen oder den Franzosen, die noch zwei Kugeln auf der Hand haben, die Möglichkeit bieten, mit zwei Carreaux ein „Fünfer- oder Sechserpäckchen“ zu machen. Es war interessant zu erfahren, dass auch ein erfahrenes Team so offensichtlich katastrophale Fehlentscheidungen fällen kann.
POULE 2: Frankreich 2 – Italien – Thailand 2 – Schweiz
Endstation für die Eidgenossen. Nach einem 3:13 gegen den Weltmeister und einem 1:13 gegen Italien schieden die Schweizer aus dem Wettbewerb aus.
Italien traf zweimal auf die noch verbliebene thailändische Mannschaft. Zuerst gab es eine 5:13 Niederlage, doch nach dem Sieg gegen die Schweiz folgte in der Barrage der entscheidende 13:4 Sieg. In der Halle war es zu diesem Zeitpunkt ‚muksmäuschenstill‘ geworden, denn damit stand fest, dass sich alle WM-Hoffnungen der Gastgeber in Luft aufgelöst hatten. Nur noch Thailand 1 im Nationencup war vertreten – für die sieggewohnten und durchaus anspruchsvollen Asiaten einfach zu wenig. Enttäuschung machte sich breit.
Der Ritus war dann immer derselbe – Die Ausgeschiedenen wandten sich stets von der WM ab und gönnten sich eine Massage vor dem Halleneingang (wie z.b. die Belgier und Monegassen…)

Frankreich 2, der Weltmeister, hatte es in diesem Poule sehr leicht. Das zweite Spiel wurde gegen Thailand mit einer Fanny gewonnen und so stand man direkt im Viertelfinale der WM!
POULE 3: Tahiti (fr. Polyn.) – Tunesien – Kanada – Dänemark
Der auf dem Papier leichteste Achtelfinalpoule hatte eine spielbestimmende Mannschaft: Französisch Polynesien. Mit einem 13:1 gegen Dänemark und 13:3 gegen Tunesien wurden sie Gruppensieger.
Dänemark schied mit einem 4:13 gegen Kanada aus.
Tunesien und Kanada hatten zwei Spiele im Poule. Beide konnten die Nordafrikaner gewinnen, wobei sie allerdings ohne ihr großes Können zu zeigen spielten (13:11 und 13:8).

Bild: Die Spiele wurden weniger, die ersten Teams schieden aus der WM und dem Nationencup aus und es kamen zunehmend mehr Zuschauer!
POULE 4: Deutschland – Marokko – Finnland – Elfenbeinküste
Samstag morgens – Erstes Spiel gegen die bislang noch ungeschlagene Elfenbeinküste (immerhin u.a. Siege gegen Tahiti 13:3 und Italien 13:8).

Bild: Tolles Spiel gegen Geheimfavorit Elfenbeinküste ganz am Rande auf Terrain 1. Dementsprechend wenige Zuschauer verfolgten das beste Spiel, das die deutsche Nationalmannschaft auf dieser WM zeigte (Erfolgsquote aller drei Spieler auf diesem schweren Terrain: über 80%).
Patrick, Jan und Jannik ‚legten los wie die Feuerwehr‘: 5:0, 7:0, 11:0, 11:1, 13:1

Da war endlich Begeisterung angesagt! Das Team agierte wie ausgewechselt. Gemeinsames Beraten, Abgehen des Geländes, in bestimmten Situationen Einholen von Daniels Meinung, hervorragendes Abdecken der Spieler, gegenseitiges Anfeuern, sicheres Auftreten gegenüber dem Gegner undundund unterstützten den spielerisch exzellenten Eindruck, wo Carreaux gezaubert, Druckkugeln gelegt wurden nach Belieben… Und das alles zusammengenommen machte ein rundherum hervorragendes und gelungenes Spiel der Deutschen aus.
Das gemeinsame Spiel war schon in der Sechzehntelfinalpoule-Barrage gegen Neuseeland besser geworden im Vergleich zur ersten Poulerunde. Jetzt allerdings war auch endlich der Biß und der Wille spürbar, Allen zeigen zu wollen, dass man das Viertelfinale erreichen kann.

Die Westafrikaner wurden an die berühmte Wand gespielt. Nach den ersten drei Aufnahmen und trotz Einwechslung war beim Stande von 11:0 die Entscheidung insofern schon gefallen, als man den Afrikanern nun den Willen, unbedingt noch aufholen zu wollen und zu können, absprechen musste.
Das Donnerwetter im Team der Afrikaner folgte im Anschluss an diese Deklassierung: Krisensitzung bei der Elfenbeinküste – harte Worte, hängende Köpfe. Das starke Spiel der Deutschen hatte Wunden hinterlassen – die Psyche war schwer angeschlagen und auch im zweiten Spiel fand die Elfenbeinküste nicht mehr zum gewohnten Spiel zurück (5:13 gegen Marokko) und schied überraschend aus der WM aus.
Parallel zum deutschen Spiel gab es in diesem Poule schon die nächste Überraschung mit Finnland: Die Marokkaner taten sich gegen die Skandinavier sehr schwer und kamen früh in Rückstand. Als deren Spiel nicht besser wurde und den Finnen einige Aufnahmen hintereinander gut gelangen, wurde die Tonart ruppiger. Schiedsrichter mussten gerufen werden, damit sich die Kontrahenten nicht in die Haare gerieten.
Ich muss allerdings feststellen, dass die Spannungen bewußt von den Marokkanern gesät wurden (ich bekam das ganze Spiel nebenan mit). Böse Worte in Richtung Finnen fielen schon während des Spiels bis weit nach dem 13:6-Sieg der Skandinavier.

Und auch als die Deutschen später im Spiel der Sieger auf Finnland trafen (Bild oben), gesellten sich die Marokkaner nach ihrem Sieg gegen die Elfenbeinküste zu unserem Spiel dazu. Ein völlig neuer deutscher Fanblock war entstanden, der hoffte, durch den Sieg der Deutschen (13:6) eine Revanche gegen die Finnen zu bekommen. Keine angenehme Sache für die Skandinavier und ich war froh, dass wir uns mit dem Erfolg gegen Finnland den äußerst unangenehmen Gegner Marokko vom Hals gehalten hatten. Die Maghrebiner waren mit Adrenalin angefüllt und hätten so jedem Team das Weiterkommen schwer gemacht.
Das Barragespiel Marokko-Finnland gewannen dann natürlich die Nordafrikaner mit 13:6.
Wir gratulierten unseren Spielern für die gute Vorstellung gegen Finnland, wo trotz einer schwächeren ersten Aufnahme und einem 0:4 Rückstand da weitergearbeitet wurde, wo die Spieler gegen die Elfenbeinküste aufgehört hatten.
Terrain 15 Deutschland gegen Finnland: 0:4, 2:4, 6:4, 10:4, 10:6, 11:6, 13:6.
Damit hatte Deutschland erst zum dritten Mal in seiner 30-jährigen WM-Geschichte (seit 1977 bei WMs dabei!) das Viertelfinale erreicht! Ein Grund – die bisherigen Vertreter im Ergebnistableau zu benennen:
1996 – in Essen, Deutschland: Klaus Mohr, Tino Capin und Christian Hempel gelingt mit einem abschließenden Sieg gegen Marokko erstmals Platz Fünf für Deutschland. Endstation im Viertelfinale war der spätere Vizeweltmeister Tunesien (2:13).
2006 – in Grenoble, Frankreich: Erst nach weiteren zehn Jahren gelang wieder einmal der Einzug in ein Viertelfinale der WM mit den Spielern Patrice Wolff, Sascha von Pless, Sascha Koch und Kamel-Mohammed Bourouba. Im Viertelfinale unterlag das Team dem späteren Bronzemedaillengewinner Italien nur knapp mit 10:13.
2007 – in Pattaya, Thailand: Nur ein Jahr nach dem letzten fünften Platz wiederholten die Spieler Patrick Abdelhak, Martin Kuball, Jan Garner und Jannik Schaake diesen Erfolg. Das Halbfinale wurde nach einem 3:13 gegen Tunesien verpasst.

Betreuer und ständige Beobachter am Spielfeldrand: Daniel Voisin, Klaus-Dieter Wiebusch und Alexander Bauer
Zusammenfassung der 2. POULERUNDE im NATIONENCUP:
Poule 5: Monaco – Singapur – Neuseeland – Indien 
Poule 6: Thailand 1 – Djibouti – Seychellen – Weißrussland 
Poule 7: Kroatien – Slowenien – Taiwan – Vietnam
Poule 8: Belgien – U.S.A. – Großbritannien – Polen
Poule 9: Laos – Norwegen – Tschechien – China
Poule 10: Senegal – Australien – Japan – Ungarn
Poule 11: Mauritius – Niederlande – Benin – Estland
Poule 12: Schweden – Malaysia – Slowakei – Österreich
(die fettgedruckten Ländernamen hatten das Achtelfinale des Nationencups erreicht)
Vorschau des insgesamt 10-teiligen Berichts von Thailand:
Die abschließenden Teile 9 und 10 enthalten die Finalrunden der WM (Viertel-, Halbfinale, Finale), Tir de Précission (Halbfinale, Finale) und eine kurze Zusammenfassung der Finalrunden des Nationencups. Abschließend werden noch schöne Bilder vom Abschlussbankett gezeigt.