40. Pétanque Weltmeisterschaften der Senioren in Grenoble/Frankreich

Die Senioren-WM 2004 ist eröffnet und startet für die Pressestelle des DPV mit einem Desaster, das morgen hoffentlich „in den Griff zu bekommen ist“! Zunächst war es so, dass wir mit unserem „Full-Time-Ticket“ nicht in die Halle gelassen werden sollten – hierfür waren noch einmal 5,- Euro zusätzlich pro Person zu bezahlen – ganz schön unverschämt vor dem Hintergrund, dass unsere Tickets für die „gesamte Zeit“ schon 70,- Euro gekostet hatten. Es wurde aber murrend der zusätzliche Obulus entrichtet und am Eingang wartete der nächste Hammer: Die in meinem Rucksack gefundene Kamera durfte nicht mit rein genommen werden! Selbst meine inständigsten Beteuerungen, dass ich doch der Offizielle Berichterstatter des DPV sei und dass in der Halle bereits zig Leute säßen die lustig Fotos schießen nutzte nichts. Morgen muss ich zur Organisation und mir eine Legimitation geben lassen, damit ich irgendetwas aufnehmen darf. Die erwähnten anderen „Fotografen“ hatten das große Glück, dass sie eine Zigarettenschachtel-große Kamera in der Jackentasche mitgebracht haben und deshalb nicht aufgefallen sind. Eine Spiegelreflex-Kamera mit Stativ springt da schon eher ins Auge – Mist!!!

Die Eröffnung spielte sich wie gewohnt so ab, dass nacheinander in alphabetischer Reihenfolge die teilnehmenden Teams einmarschiert sind um sich dann nach und nach nebeneinander aufzureihen – und zwar Mannschaft für Mannschaft, in einem Abstand von jeweils ca. 1 Minute. Es ist eine Frage der Zeit, wann die Organisatoren dieser Weltmeisterschaften merken, dass es vielleicht ein bißchen effektiver wäre, die Teams einfach hintereinander weg einmarschieren zu lassen und flüssig in dieser Zeit vorzustellen.
Bei der einen oder anderen Nation waren schon kleine Besonderheiten zu beobachten. So marschierten zum Beispiel die Polen inklusive einem (deutlich als solchem zu erkennenden) 4köpfigen „Fanblock“ ein – sehr seltsam. Die enorm jungen Teilnehmer aus Malaysia (vielleicht jeweils 19 oder 20 Jahre alt) hatten Rucksäcke auf den Schultern – offensichtlich alles persönliches Gepäck, die Dinger sahen jedenfalls jeweils anders aus. Das Team aus Mauritanien war sehr beeindrucken gekleidet, in wallenden, weißen Gewändern, jeweils mit einem aufwendig bestickten, großen schwarzen Schal.Aus San Marino präsentierte sich dann eine Mannschaft, die beweisen will, dass Pétanque ein Sport für jedes Alter ist. Im Kontrast zu den sehr jungen Malayen ist hier die komplette Mannschaft (4 Spieler) mindestens 250 Jahre alt. Im Übrigen treten auch die Schweden mit äußerst jungen Spielern an. Eher übersichtlich war die dreiköpfige Delegation (inklusive Fahnenträger) von den Seychellen – und bei den Italienern überraschte ein bekanntes französisches Gesicht in der Equipe, Marco Foyot als Nationaltrainer natürlich auch beim Einmarsch dabei! Als letzte betraten unter großem Applaus die beiden gastgebenden französischen Mannschaften die Halle.
Es folgten dann die Ansprachen der französischen Funktionäre, selbstverständlich in französischer Sprache, wobei die Herren offensichtlich nicht wissen oder wahrhaben wollen, dass mindestens die Hälfte der teilnehmenden Teams diese Sprache nicht versteht. Englisch wäre hier jedenfalls wesentlich höflicher – auch wenn das die Texte nicht wesentlich interessanter macht. Großes Gähnen in der Halle.
So hatten diese Vorträge dann auch den entsprechenden Effekt. Kim Rieger war einer der ersten Spieler, die sich gelangweilt aus der Formation ihrer Teams lösten und auf einen Begrenzungsbalken des Spielfelds setzten – ebenfalls nicht besonders höflich. Es folgten Canada, Belgien (die sich gleich 20 m entfernt die Stühle ausgesucht hatten, die ab morgen für die Coaches und Ersatzspieler vorgesehen sind) und einige andere.
Dann die Auslosung – eine einsame Katastrophe! Viel zu schnell, viel zu undeutlich ausgeführt, mit einer Anzeige auf einer großen Leinwand, die man kaum erkennen konnte! Sascha Koch bestätigte mir später, dass selbst er – unten in der Halle vor Ort – nicht mitbekommen hatte, gegen wen sie spielen würden. Mühsame Recherche bei diversen Anwesenden – dann waren die Poules komplett zusammengefügt und können deshalb hier jetzt präsentiert werden (aufgrund der Summe der Mannschaften werden sechs Siebener-Poules und zwei Sechser-Poules gespielt):
Poule A
Portugal, Monaco, Congo, Guinea, Irland, Canada und Frankreich B
Poule B
Frankreich A, Großbritannien, Italien, Norwegen und Marokko
Poule C
Japan, Slowenien, Slowakei, Tunesien, Dänemark, Mauritanien und Russland
Poule D
Tschechien, Spanien, Mauritius, Malaysia, Argentinien, Seychellen und Laos
Poule E
Belgien, Ungarn, Neuseeland, Andorra, Algerien und Österreich
Poule F
Polen, Kambodscha, Komoren, Senegal, Australien, Schweiz und Estland
Poule G
Finnland, Italien, Niederlande, Elfenbeinküste, Luxemburg, Thailand und Djibuti
Poule H
Kamerun, Madagaskar, Schweden, Singapure, Deutschland und San Marino
Wie man sieht also einige Gruppen, in denen einzelne Mannschaften „Spaziergänge“ machen können – siehe Poule C, in dem sich die Tunesier wahrscheinlich souverän durchsetzen werden, aber auch andere, in denen es richtig „knackig“ werden kann, zum Beispiel Poule B mit Frankreich A und Marokko oder Poule E mit Belgien und Algerien.
Von diesen ersten Poules kommen jedenfalls jeweils 4 Mannschaften weiter. Für die Deutschen wird es sicher nicht einfach. Sascha Koch antwortete auf die Frage nach seiner Meinung zu den Gegnern in der Gruppe der Deutschen: „Madagaskar ist natürlich eine harte Nuss – aber auch die Schweden sind nicht zu unterschätzen!“ Trotzdem gehen die Deutschen davon aus in ihrer Gruppe durch entsprechende Leistungen unter die ersten Vier zu kommen.
„Spinnt“ man das dann mal weiter, ergibt sich folgendes Bild: Angenommen die jeweiligen Favoriten aus den anderen Poules machen jeweils den ersten Platz, dann wäre in der nächsten Poule-Runde (vier Teams, zwei kommen weiter), für den Fall das Deutschland Gruppen-Vierter wird der nächste Gegner Frankreich A, als Gruppen-Dritten erwartet unser Team dann Tunesien, als Gruppen-Zweiter wären die Thailänder die nächsten Gegner… Als Gruppen-Erster wär es dann eine Mannschaft, die in einem anderen Poule Zweiter oder Dritter geworden ist. Aber darüber nachzudenken Gruppen-Erster in so einem Poule zu werden ist schon ein bißchen „romantisch“.
Wie auch immer, im Anschluß an die Auslosung gab es noch ein großes Feuerwerk, draußen vor der Halle, nach dem man eigentlich Sauerstoff-Masken hätte verteilen müssen (war das vielleicht verraucht hier)!
Ich muss hier nun wiederum erst einmal schließen, weil zu den gesammelten organisatorischen Katastrophen hier vor Ort auch die Tatsache gehört, dass ich für mein Laptop keinen Stromanschluß habe und entsprechend jetzt nur noch (Moment!) 48% Akku-Leistung habe – und ich will ja noch diesen Bericht online stellen…
Eine kleine Anekdote vielleicht noch:
Während der katastrophalen Auslosung und derer völlig unverständlicher Bekanntgabe setzte sich ein Junge (vielleicht 15 Jahre alt) neben mich auf einen Stuhl und beobachtet äußerst interessiert meine handschriftlichen Notizen. „Hast Du mitbekommen, wer in Poule B spielt?“, fragte er mich in englischer Sprache und deutete auf die Anzeige-Tafel, „Ich kann das da nicht erkennen!?!“ „Nee“, antwortete ich, „Das ist echt blöd, keine Ahnung!“ Wir glichen dann zunächst mal die Dinge ab, die wir jeweils schon notiert hatten. „Wer sind denn hier Deine Leute?“, fragte ich ihn dann – er hatte einen ziemlichen Akzent in seinem Englisch, den ich nicht zuordnen konnte. „Meine Mannschaft kann dieses Jahr nicht spielen!“, antwortete er, „Ich bin nur mit ein paar Freunden hier, um über die WM zu berichten!“ „Ach was – wo gibt es denn sowas, dass ein Nationalteam nicht antreten kann wenn es mitspielen will?“ „In Israel!“, antwortete er, „Wir haben genau zu diesem Datum jetzt einen sehr wichtigen Feiertag in unserem Land, an dem keine Musik gespielt wird, keine Scherze gemacht werden, kein Sport stattfindet – all das nicht!“ Und fügte hinzu: „Das ist schon das vierte Mal in den letzten 10 Jahren, dass Israel nicht an den Senioren-Pétanque-Weltmeisterschaften teilnehmen kann, weil der Termin genau auf diesen Feiertag fällt!“
Wir haben uns dann noch lange unterhalten – aber leider muss ich jetzt hier aus technischen Gründen den Bericht online stellen (Akku-Alarm!) – weitere Informationen und dann auch Bilder gibt es morgen mehr!
Der erste Gegner der Deutschen ist am morgigen Spieltag jedenfalls San Marino – Daumen drücken, dass wir da „glatt durchkommen“, die nächsten Gegner werden nicht sicher wesentlich „einfacher“!