WM 2012 – hohe Erwartung, große Enttäuschung

Mit großen Erwartungen sind wir nach Marseille gefahren, ein Platz unter den letzten 16 sollte es mindestens sein. Dass es nicht klappte, dürfte in der Zwischenzeit jeder wissen. Dass ich nicht früher berichten konnte liegt daran, dass ich zum Presseraum keinen Zutritt erhielt und dass ab Freitag im Hotel das Internet ausgefallen war. Jetzt bin ich seit einer Stunde zu Hause und kann endlich wieder ins Internet.

Um diese Erwartung – unter den letzten 16 zu sein – zu erfüllen, wurde viel Vorarbeit geleistet. Durch Sichtungen und Spielbeobachtung wurden aus dem Kader die sechs Spieler ausgewählt, um gezielt die WM vorzubereiten. Die schwerste Entscheidung für den Bundestrainer Klaus-Dieter Wiebusch war dann die Nominierung der vier für Marseille: Sönke Backens auf der Legerposition, Benjamin Lehmann als Tireur und Sacha Koch sowie Mahmut Tufan als Allrounder und Milieus.
Bereits am Dienstag reiste das Team gemeinsam im Kleinbus an, um sich vor Ort ein Bild zu machen und die letzten Optimierungen vorzunehmen. Wegen einem Trauerfall in der Familie konnte ich leider erst am Donnerstag zur Eröffnung mit dabei sein. Da es meine letzte WM war und unser Bundestrainer von seinem Kollegen Jürgen Hatzenbühler und dem Vize Sport Christian Groß unterstützt wurde, konnte ich mich nach dem Internationalen Kongress mehr oder weniger auf das Beobachten der Spiele konzentrieren.
Kurz zusammengefasst kann ich sagen, dass ich insgesamt 10 – 15 Weltklasseaufnahmen gesehen habe, aber das war und ist zu wenig, um vorne mitzumischen.
Erstens: Das Auf und Ab in den einzelnen Spiele zog sich wie ein roter Faden durch das Turnier. Zwei Experten, Alain Bideau (Coch von Weltmeister Frankreich) und Jean-Claude Muscat (Präsident DUC de Nice) analysierten, dass das deutsche Team über hervorragende spielerische Fähigkeiten verfügt, dass es aber an Konstanz fehlt. Dass die Taktik von beiden Experten gelobt wurde, wird den Bundestrainer sicher freuen. Diese Konstanz kann man aber nur erlangen, wenn die Spieler gemeinsam viele hochkarätige Spiele machen.
Zweitens ist mir aufgefallen, dass keines der gewonnenen Spiele überzeugend gewonnen werden konnte. Die zahlreich anwesenden deutschen Fans mussten meist bis zur letzten Kugel zittern. Ein Wort zu den Fans. Ich habe noch nie erlebt, dass ein deutsches Team von seinen Zuschauern so unterstützt wurde. Mancher Sieg wurde geradezu herbeigeklatscht. Ein ganz großes Dankeschön an unsere Fans, die das Team so gerne noch weiter unterstützt hätten.

Drittens lag es diesmal mehr am Schießen als am Legen, wenn der Gegner seine Punkte machte.
Ganz kurz zu den einzelnen Spielen.
Die Vorrunde Schweizer System, begrenzt auf 75 Minuten + 2 Aufnahmen:
Deutschland : Schweiz 9:12 (Mahmut, Sascha, Benny)
0:5  0:6  0:7  1:7 (<Mahmut< >Sönke>) 2:7  5:7  7:7   8:7  9:7 (Zeitende) 9:11  9:12
Nach einem 0:7 Fehlstart kämpfte sich das Team mit starken Aufnahmen nach vorne, dann das erste Zeitende des Spiels, das die Schweizer zum Sieg nutzten.

Deutschland : USA 12:10 (Sönke, Sascha, Benny)
0:1  3:1  7:1  7:1 Sau aus  7:2  8:2  13:2
Der Gegner machte es uns leicht, weil der Leger der USA mit dem schwierigen Boden überhaupt nicht klar kam. Lediglich der Tireur sorgte für die USA-Punkte.
Deutschland : Russland 12:10 (Mahmut, Sascha, Benny)
2:0  5:0  5:1  5:4  5:7  (<Sascha< >Sönke>)  5:10  8:10  11:10  12:10
In den ersten Aufnahmen müsste das Team doppelt so viele Punkte machen. So baut man den Gegner auf. Sascha hat das erkannt und lässt sich auswechseln. In der letzten Aufnahme schießt Russland 3mal, zweimal verschieben sie unsere Kugel nach links und rechts, dann geht die Sau ins aus. Aus! In diesem Spiel hat das Publikum die Russen besiegt.
Deutschland : Finnland 13:12 (Sönke, Mahmut, Sascha)
0:3  4:3  4:7  8:7  9:7  9:9  9:10  11:10  (Zeitende)  11:12  13:12
Es war ein Feuerwerk auf beiden Seiten am Anfang. Die Finnen überraschend stark, der Tireur mit 9 Treffern in Folge. Dank der Zuschauer und in der letzten Aufnahme einem überstarken Sascha gewonnen.

Deutschland : Madagaskar 10:11 (Mahmut, Sascha, Benny)
2:0  2:2  2:2 2mal Sau aus  2:6  2:6 2mal Sau aus  2:9  2:10 (<Mahmut< >Sönke>)  8:10  10:10  (Zeitende)  10:11  10:11 Sau aus
Madagaskar am Anfang erwartet stark. Durch die Einwechslung und dem Sixpack wurde der Gegner stark verunsichert und alles sah nach einem Sieg aus. Im Russlandspiel hatten wir Glück mit der Sau, diesmal Pech.
Diese vermeidbare Niederlage brachte uns im Ranking weg von den ersten acht, die für die kommende Poulerunde das erste Spiel als Blanc „geschenkt” bekamen. Wir landeten auf Platz 14, immer noch hoffnungsvoll für das gesetzte Ziel.
Poulerunde ohne Zeitlimit. In unserem Poule gesetzt Thailand, mit dabei Monaco.
Deutschland : Monaco 13:8 (Sönke, Sascha, Benny)
0:3  1:3  1:6  1:8  2:8  4:8  5:8 (<Benny< > Mahmut >)  6:8  8:8  11:8  (Wechsel Monaco)   11:8 Sau raus  12:8 13:8
Nach kleinem Fehlstart konzentrierte Aufholjagd. Zum Schluss eine klare Sache, weil auch der Wechsel bei Monako nichts bewegte.
Jetzt spielten die beiden Poulesieger gegeneinander (Thailand durch Blanc)

Deutschland : Thailand 0:13 (Mahmut, Sascha, Benny)
0:1  0:1 Sau raus  0:7  (<Sascha< > Mahmut >)  0:12  0:13
Die erste Aufnahme war symptomatisch für das Spiel. Wir müssten 2 oder gar mehr Punkte machen, aber Thailand macht einen Punkt, weil die letzte Kugel zweimal nicht getroffen wurde. Dann spielte der Vizeweltmeister sein Können perfekt aus und zauberte mit jeder Kugel, 4 Carreaux sur place in Folge. Keine Chance.
In der Barrage trafen wir wieder auf Monako. Monaco konnte sich ausruhen dank Blanc, unseren Spielern steckte noch die Fanny in den Knochen.
Deutschland : Monaco 11:13 (Sönke, Mahmut, Sascha)
5:0  5:3  5:7  (<Sönke< > Benny >)  6:7  10:7  11:7 11:10  11:12  11:12 11:12 dank Sauschuss von Sascha  11:13 diesmal klappte der Sauschuss nicht.
Das war das Spiel mit den größten Auf und Ab. Die ertse Aufnahme mit die beste der WM. Dann zwei Aufnahmen zum wegsehen. Nach dem Wechsel wieder starke Dominanz und  bei 11:10 Schuss für Schluss. Am Ende fehlten die verschenkten Punkte und das tut weh. Aus für die WM, aus für die Erwartungen.
Dass es eigentlich im Nationen-Cup auch noch um etwas geht, hat das ganze Team nicht so recht realisiert. Nochmals musste auf Zeit gespielt werden.
Deutschland : Elfenbeinküste 6:7 (Mahmut, Sascha, Benny)
1:0  2:0  2:3  3:3  3:4  5:4  6:4  6:5  6:6  (Zeitende)  6:6 Sau raus, 6:7
Ein Spiel zum Vergessen. Die Luft war raus, der Frust zu groß. Es fehlte an der Motivation, dass z. B. der Sieg im Nationencup auch bei Bedarf als Setzplatz bei der nächsten WM herangezogen werden kann. Der erreichte 17. Platz ist für alle Beteiligten enttäuschend und es wird viel diskutiert werden.
Die erste Suche nach den Ursachen war schon bei der sehr offenen und objektiven Abschlussbesprechung in Marseille, die über zwei Stunden dauerte. Die Erkenntnisse daraus werden zunächst im Trainer- und Sportbereich ausgewertet werden. Dann muss das DPV-Präsidium über den weiteren Weg in die Zukunft entscheiden.

Der Rest der WM ist bekannt. Frankreich dominierte in Marseille dermaßen, dass einem alle Gegner fast leid taten. 

Hier noch eine kleine Bildergallerie.