WM Herren – Persönlicher Rückblick

So, zurück in Kassel von meiner ersten Weltmeisterschaft. Zeit für einen ganz persönlichen Rückblick auf fünf unvergessliche Tage in Santa Susanna. Dazu Fotos und meine Highlight Liste. Viel Spaß beim Lesen.

Danke

An den DPV und den FEP, dass sie mir und uns dieses Event möglich gemacht haben. Nach der zweifachen Absage aus Lausanne, haben die Spanier übernommen und drei Weltmeisterschaften in 10 Tagen gestemmt. Eine tolles Hallenzelt mit einem anspruchsvollen Boden, ein gutes Teamhotel in 10 Gehminuten entfernt, stets freundliche Gastgeber, okay, das Regen/Wasser Problem hätte man besser lösen müssen. Der deutsche Camper hätte Gräben gezogen. Die Spanier improvisieren lieber. Dann wird eben draußen gespielt und der Zeitplan umgemodelt. Am Ende hat alles funktioniert und es war ein wunderbares Event.

Wunschliste

Das Programm ist für die (Spitzen) Spieler ein Hammer. Beispiel Samstag. Morgens um 08:30 Runde 5, danach 2 Poule Spiele, dann Halbfinale und Finale Tireur, danach 8tel Finale Triplette. Ein Diego Rizzi war nach seinem Aus im Schießen gegen Dylan genervt genug, dann noch mal gegen Dänemark auf den Platz. Anspruchsvoll.

Informationen! Wer nicht bei facebook ist, leidet an Informationsmangel. Auf der FIPJP Seite ist wenig, in der Halle gibt es DINA 4 Ausdrucke an einer Pinnwand, vor der sich 47 Delegationen und Zuschauer drängen. Wann geht es weiter, wer gegen wen, auf welcher Bahn? 2 Wünsche für die nächste WM. Ergebnisse und Livescores auf Bildschirmen/Anzeigetafel und eine aktuelle Webseite.

Heimvorteil

47 Delegationen drängen sich, zwei nicht. Spanien spielt immer auf dem Center Court oder auf Platz 1, Frankreich weiß auch immer früher, wo es für sie weitergeht. Wäre interessant gewesen, ob die Spanier auch auf Platz 11 so gut abgeschnitten hätten. Bitte nicht falsch verstehen, die waren ein super Team, haben aber vermutlich auf dem Center Court geschlafen und kannten da jedes Loch und jeden Stein mit Vornamen. Zusätzlich eine tolle Unterstützung durch das Publikum. Da wurde gesungen und gejubelt, dass es eine Freude war. Und alles im fairen Bereich. Während der Aufnahmen war es ruhig, beim Tireur Finale konnte man vor den Schüssen eine Stecknadel fallen hören.

Spieler des Turniers

Für mich mit knappem Vorsprung Dylan (Dieeeeelan) Rocher. Sympathisches Auftreten außerhalb des Platzes, ein Mentalmonster auf dem Platz. Dreimal beim Tireur Wettbewerb mit dem Rücken an der Wand, am Ende Weltmeister. Am Sonntag auf dem Platz der mentale Leader und wer seine Augen gesehen hat, der Mann wollte unbedingt das Ding mit den anderen Drei holen. Unzählige Carreaus gefolgt von Dylan Faust und fehlerfrei beim Legen. Respekt.

Spieler des Finals

Ich schätze alle vier Franzosen sehr und gönne ihnen die Titelverteidigung sehr. Im Vorfeld habe ich ein wenig an Phillipe Suchaud gezweifelt. Was ich auf YouTube in den letzten beiden Jahren gesehen habe, war immer noch klasse, aber da waren mehr Löcher als früher. Und dann legt er im Finale jeden Punkt und beendet das ganze am Ende mit zwei Carreaus. Klar, zwischendrin hat er wie alle etwas gewackelt, aber das war, gepaart mit seiner Ruhe, einfach herausragend.

Team des Turniers

Eindeutig Spanien. Javier Cardeñas Villaverde, Jose Luis Guasch Orozco und Jesús Escacho Alarcón. Die zwei jungen Wilden und der Turm in der Schlacht, Javier der Große. Der begeistert nicht nur mit Portees bis unters Dach und seinem sportlichen Auftreten, nein er führt die beiden anderen wie ein großer Bruder. Da wird sich umarmt, geküsst, abgeklatscht, er ist immer bei den beiden Jungs. Großartig. Die Szene zur Verdeutlichung. Nach 90 Minuten musste Javier im Finale austreten. Quintais legt Punkt, Spanien ist dran, Javier nicht da. Hilflose Blicke bei Jesus und Jose. Was tun? Panik in den Augen. Da kommt Javier wieder, nimmt beide an seine Seite, macht eine Ansage und alles ist gut. The leader of the gang

Überraschung des Turniers

Finnland! Hatte die jemand auf dem Zettel für eine Medaille? Ich nicht. 4:1 nach der Vorrunde, Monaco zu 12 im 8tel, dann gegen Thailand 12:3 geführt und zu 7 gewonnen. Ich habe da die letzten Aufnahmen gesehen. Legemonster, frei nach dem Motto, wer gut legt braucht (sonst) keine Taktik.

Enttäuschungen des Turniers

Thailand (s.o.), Madagaskar, Senegal, das deutsche Team. Da hatte man sich sicher mehr vorgenommen und gewünscht. Bei der deutschen Mannschaft wird es eine Analyse innerhalb der sportlichen Leitung geben, vielleicht kann ich danach ein Interview ergattern.

Deutscher Spieler des Turniers

Daniel Reichert. Saß zunächst als vierter Mann auf der Bank neben Tobse Müller. Kam als es kritisch wurde und brachte Leistung und Energie ins Team. Strahlte Sicherheit und Zuversicht aus und überzeugte mit toller Schuss Quote.

 

Aufreger des Turniers

Freitagmorgen in Santa Susanna: Christoph Roderig, Vizepräsident Sport, weckt Boule Deutschland mit einem ironisch gemeinten Live-Interview. Nicht alle in Deutschland verstehen die Ironie, das Interview wird darum mit einem krachenden SurPlace entsorgt.

Farben des Turniers

Jedes Team hatte eine Teamfarbe. Les Bleues diesmal in Weiß, dafür Italien in blau (Kurze Verwirrung als die Franzosen im Halbfinale ihr Team mit Allez les Bleues anfeuern), Benin in Kanariengelb und dann kommt Thailand jeden Tag mit einer anderen Farbe. Das Rosa brachte im 4tel kein Glück mehr. Mehr Glück brachte das leuchtende Rot der Spanier. Natürlich gilt bei einer WM einheitliche Oberbekleidung. Zumindest für fast alle. Diego Rizzi durfte in dunkler Weste spielen, seine Kollegen in blau. Es sind eben doch nicht alle gleich.

Grübler des Turniers

Tireur Finale. Dylan gegen Diego. Dylan ist hinten, holt in Atelier 3 famos aus. Eine 5! Stand aber eindeutig hinten 1,5 cm außerhalb des Kreises. Ich habe es gesehen, der Schieri hat es gesehen. Ich sehe sein Gehirn arbeiten. Eigentlich müsste er die rote Karte heben, aber hier im Finale, gegen Rocher entscheiden………es arbeitet weiter in seinem Gehirn, das Publikum tobt, der Arm bleibt unten. Bei der letzten DM sprach mit jemand an, ob unsere Kamera nicht als VAR dienen kann. Wir werden sehen.

Schnellstes Spiel

14 Kugeln brauchten die Franzosen um im Viertelfinale Marokko ein 13:0 einzuschenken. Die haben auch ihren Anteil daran gehabt, im Finale 2018 sah das noch anders aus.

Schnellster Schütze

Diesmal nur Rang 2 für Dylan. Der fackelt nicht lange. Noch schneller zieht nur Houdaifa Bouchgour aus Marokko ab. Handgestoppte 1,64 Sekunden und die Kugel ist in der Luft.

Modische Sünden des Turniers

Masken als Kinn und Bartwärmer fand ich immer schon uncool, bei einem WM Finale unpassend. Das kann nur noch übertroffen werden von Maske mit Glitzerjacke……

Der Weltmeiste Besieger

ist Schweden. Die haben mich schon beim Spiel gegen unser Auswahl mit ihrer klaren offensiven Linie begeistert. Und im Poule Spiel gegen Frankreich haben sie einfach besser geschossen als die späteren Weltmeister. Da wir die Schweden besiegt haben, sind wir die Weltmeister Besieger Besieger. Wenigstens etwas.

Gewinner des Turniers

Na klar, die Franzosen mit Dylan als Doppelweltmeister.
Die Spanier mit 2 Medaillen und einer Top organisierten WM.
Die Fairness. Nicht einmal habe ich etwas Unsportliches gesehen, alle Spieler und Delegationen gehen freundlich und fair miteinander um. Wertschätzung für den Gegner ist selbstverständlich, die Schiedsrichter hatten wenig zu tun.
Der Boule Sport. Fantastischer Sport gut präsentiert. In der Halle vor vielen Fans, am digitalen Gerät präsentiert von LaLiga oder einem der vielen Verbände.

Persönliches Fazit

Nach der Corona Pause im Jahr 2020 ging es für mich dieses Jahr so richtig los im Kommunikationsteam. Marseille, Länderpokal, deutsche Meisterschaften und zum Abschluss die WM der Herren. Das feeling der WM ist einzigartig, jeder Boule Fan sollte das mal gesehen haben. Den Stars so nahe zu sein, Sport auf höchstem Niveau, dazu nur gleichgesinnte Boule Nerds um einen herum. Großartig. 2022 gibt es eine WM in Dänemark und eine EM in den Niederlanden. Alles gut erreichbar aus Deutschland. Macht euch auf, es lohnt sich und wir werden uns dort sehen.

Aus Santa Susanna Hein Fuhrmann (Fotos und Text)