WM 2019 in Spanien – noch 5 Tage – der Kalender tickt…

Die Haupt- und Ehrenamtlichen haben bereits eine Menge Zeit in die Vorbereitungen der Teilnahme des DPV an den Weltmeisterschaften 2019 in Almeria investiert. Die jeweiligen Checklisten der einzelnen Ressorts wie „Reiseplanung“, „Betreuung der Aktiven“, „Kommunikation“, „Internationaler Austausch“ etc. füllen viele Seiten. Diese werden nun nach und nach abgehakt, bevor sich die Delegation auf den Weg macht. Ein riesiger Aufwand für eine ganze Reihe von Menschen, die dafür eine Menge Know-How und Zeit zur Verfügung stellen. In welchem Verhältnis kann das Ergebnis zu diesem Aufwand stehen? Christoph Roderig im Gespräch mit Michael Dörhöfer, Präsident des Deutschen Pétanque Verbandes.

CR: Mischa, die offizielle Delegation des DPV zur WM in Spanien besteht aus den vier Spieler*innen, dem DPV-Vize Sport und zwei Trainern. Tatsächlich sind doppelt so viele Verantwortliche aus unserem Nationalverband vor Ort. Was steckt dahinter, so eine große Gruppe zu dem Event zu schicken?

MD: Um bei Deinen Worten zu bleiben: der DPV „schickt“ die offizielle Delegation zur WM, plus meiner Person, der ich als Präsident den Verband in internationalen Angelegenheiten im Gespräch mit den Verantwortlichen der Dachverbände und den anderen Nationalverbänden vertrete. Alle anderen Mitreisenden tun dies aus einer eigenen Motivation heraus – Du ja auch. Insbesondere die Co-Trainer investieren einmal mehr ihre Freizeit und Geld um unsere gemeinsamen Ziele zu unterstützen.

CR: Und die gemeinsamen Ziele sind fünf WM-Titel, deshalb der ganze Aufwand?

MD: (lacht) Langsam! Das oberste Ziel ist es zunächst einmal, dass sich unsere Spieler und Spielerinnen zu jeder Zeit wohl fühlen. Dass sie Spaß an den Wettbewerben haben, dass sie befreit aufspielen können, dass sie jederzeit Ansprechpartner haben, sei es vor, während oder nach einer Partie. Und dass dieser Anspruch immer aufwändiger erfüllt werden muss, liegt unter anderem an Leuten wie Dir!

Die Ruhe vor dem Sturm am (noch) leeren Austragungsort der Pétanque-Weltmeisterschaften 2019

CR: An mir? Ich habe mit den Teams doch überhaupt nichts zu tun, wir sind doch nur zur Berichterstattung vor Ort?!

MD: Eben! Du hast Dir mit Heinz Zabel vorgenommen, möglichst dicht, möglichst umfangreich und vor allen Dingen zeitnah bis live von den Geschehnissen in Almeria zu berichten. Ihr habt umfangreiches technisches Equipment dabei, mit dem jede Kugel, die vom DPV geworfen wird, zeitgleich auf unsere Homepage, bei Youtube und Facebook übertragen wird.

Vor zwanzig Jahren, da kamen ein Sascha, Kim, Klaus und Andi aus Monaco zurück und 14 Tage später hatten die Vereine die Zeitschrift „Pétanque International“ in der Post, in der dann stand, wie es ungefähr gelaufen ist.

Heute kleben hunderte von Menschen vor den Monitoren und sind live dabei. Ich kann von der Tribüne aus während der laufenden Spiele schon auf meinem Handy lesen, wer alles in den Kommentaren bei Facebook moniert „Warum haben die nicht geschossen, warum haben die nicht gelegt, warum drehen die nicht?“ – die Spielerinnen und Spieler lesen das spätestens eine Viertelstunde nach der Partie. Und um das gleich vorweg zu nehmen: natürlich lesen die auch die „Bravo! Weiter so! Toll gemacht!“ usw. usf. – aber sie stehen halt heute auf dem Platz und wissen ganz genau, wer in diesem Moment alles zuschaut. Das hat eine ganz andere Qualität als in der Vergangenheit, selbst vor 10 Jahren standen noch nur im Nachgang Ergebnisse auf der DPV-Homepage – heute bist du als Aktive/r in der laufenden Partie vor einer Kulisse, die zehnmal größer ist, als die Zuschauer, die in der Halle das Spiel verfolgen.

Also: eine dichte Begleitung und Betreuung der Spieler und Spielerinnen ist heute wichtiger denn je, insofern bin ich froh und dankbar, dass wir mit Susanne Schmidt eine Frau – insbesondere als Ansprechpartnerin für die Spielerinnen – im Team haben. Und auch Susanne hat niemand vom DPV dahin „geschickt“, sondern sie begleitet auf eigenen Wunsch ihren Mann und freut sich, wenn sie darüber hinaus als Ansprechpartnerin für die Teams einen Beitrag zum Erfolg leisten kann.

CR: Bleiben wir beim Thema „Erfolg“ – welche Chancen rechnest Du Dir für den DPV aus?

MD: Da muss ich mich leider zunächst wiederholen: das hängt vor allen Dingen von der mentalen Disposition unserer Teams ab. Wir alle wissen, dass Luzia Beil, Carsta Glaser, Robin Stentenbach und Manuel Strokosch zu den talentiertesten und besten Pétanque-Spielern Deutschlands zählen. Insbesondere der Auftritt von Manuel bei der letzten Têt-EM ist allen noch in guter Erinnerung und für jedermann – siehe oben – auch jederzeit noch einmal online zu betrachten. Seine sensationellen Spiele gegen den Belgier Joel Merchandise, sein extrem selbstbewusster Auftritt selbst gegen einen mehrfachen Weltmeister wie den Franzosen Henry Lacroix, das waren Partien, die deutsche Pétanque-Geschichte geschrieben haben. Das weiß ein Manuel Strokosch auch, das hat der auch im Hinterkopf. Und dass eine Partie Pétanque zu über 90% „im Kopf“ gewonnen wird, das wissen wir alle.

Wie geht nun ein Manuel bei der Têt-WM in Spanien damit um, wenn er gegen Joel Merchandise gelost wird? Er weiß, dass ganz Pétanque-Deutschland denkt: „Ach, den hat er doch im letzten Jahr zweimal locker geschlagen!“ Das ist doch dann nachvollziehbar, dass es extrem anspruchsvoll für die Coaches wird, diesen Spieler von all dem befreit auf den Platz zu schicken. Manuels Lockerheit ist es vor allen Dingen, die ihn so erfolgreich macht – und die muss unbedingt beschützt und erhalten werden! Gleiches gilt für einen Robin Stentenbach, nach seinem Sensationserfolg mit der Nationalmannschaft bei der letzten Triplette-WM in Kanada, als die „auf dem Papier“ haushoch überlegenen Madegassen ebenso haushoch mit 13:1 geschlagen wurden. Carsta und Luzie kann man ohne Weiteres mit einbeziehen, wenn es darum geht, welche Erwartungshaltung den Teams gegenüber herrscht, angesichts ihrer Erfolge aus den Vorjahren.

Soll heißen: wir werden bei den Weltmeisterschaften in Spanien genau so erfolgreich sein, wie es uns gelingt, unsere Teams locker und befreit in die Wettbewerbe zu schicken. Und was die technische und taktische Qualität des DPV-Kaders angeht, braucht sich hier auch auf internationalem Niveau niemand mehr verstecken – das sollte jederzeit zumindest für einen Platz auf den Siegertreppchen reichen.

Die offizielle Präsentation der Deutschen Delegation zu den Weltmeisterschaften 2019 in Spanien.

CR: Worauf freust Du Dich persönlich am meisten bei diesen Weltmeisterschaften?

MD: Ich selbst freue mich am meisten, wenn es mir gelingt, das eine oder andere Spiel – nicht nur des DPV-Kaders – selbst anschauen zu können. Die Termine zu den Meetings des Internationalen und des Europäischen Pétanque-Verbandes sind bei diesen Weltmeisterschaften dicht auf dicht. Und es werden keine Kleinigkeiten besprochen, das dürften zum Teil recht zähe Besprechungen werden. Aber so etwas weiß man ja, bevor man Verantwortung in so einem dynamischen Verband wie dem DPV übernimmt – insofern möchte ich das nicht als Beschwerde verstanden wissen, sondern nur als Antwort auf Deine Frage dana
ch, worauf ich mich freue!

CR: Letzte Frage: was könnte bei solchen internationalen Events wie diesen Weltmeisterschaften aus Deiner Sicht besser gemacht werden?

MD: Zunächst einmal wird es immer schwieriger, Ausrichter für Europa- oder Weltmeisterschaften zu finden, weil dies wirklich sehr arbeits- und kostenintensiv ist. Insofern würde ich mir niemals ein Urteil darüber erlauben, wie „gut“ oder „weniger gut“ solche Events organisiert sind oder waren. Alle geben sich die allergrößte Mühe – und für das Engagement und die Ergebnisse muss man vor allen Dingen erst einmal dankbar sein.

Was mir tatsächlich ein bisschen fehlt und wo ich mir mehr versprechen würde, ist die Präsenz deutscher Fans bei Einsätzen des DPV-Kaders. Bei vielen anderen Nationen, wie z.B. den Niederlanden oder den Teams aus dem hohen Norden Europas, reisen ganze Gruppen zu Unterstützung ihrer Mannschaften von den Tribünen aus mit. Bei uns sieht es da doch regelmäßig sehr dünn aus, das finde ich schade. Gleichzeitig habe ich natürlich auch Verständnis dafür, dass nicht jeder „mal eben“ quer durch Europa reist um sich vier Tage lang Pétanque-Sport anzusehen. Andererseits verpassen die Leute viel mehr, als ein paar Spiele. Welt- und Europameisterschaften sind auch immer gute Gelegenheiten, neue Pétanque-Verrückte kennenzulernen, sich auszutauschen, gegenseitig einzuladen usw. – und zum Ende der jeweiligen Wettkampftage geht es in dieser Community auch immer um einen gemeinsamen geselligen Teil, den man mal erlebt haben sollte.

Andererseits sinkt mit einem Engagement wie dem von Heinz und Dir auch noch mehr die Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen, wenn man bequem alles von zu Hause aus auf dem Monitor verfolgen kann. Nicht falsch verstehen: ich finde das toll, was Ihr leistet – aber es widerspricht natürlich ein ganz kleines bisschen meinem Wunsch nach mehr deutschen Fans vor Ort!

Darf ich Dich in diesem Zusammenhang jetzt auch einmal etwas fragen?

CR: Bitte!

MD: Warum machst Du das? Ich meine, letztes Jahr habe ich Dich an einem Mittwoch angerufen und gefragt, ob Du am folgenden Montag zur Berichterstattung für eine Woche mit nach Kanada fliegen würdest. Du hast Dich in Deiner Firma und bei Deiner Familie kurz abgemeldet und warst unterwegs.

Jetzt setzt Du Dich mit Heinz Zabel in ein Wohnmobil, weil Ihr Euer ganzes Equipment nicht in einen Flieger bekommt, und fährst über 5000 km hin und zurück für eine Woche durch Europa, um die Pétanque-Szene in Deutschland auf dem Laufenden zu halten und das Abschneiden des DPV bei diesen Weltmeisterschaften zu dokumentieren.

Ich finde das toll, ganz viele Leute finden das toll – trotzdem interessiert es mich, was Dich antreibt, diese Strapazen in Kauf zu nehmen, die mit solchen Einsätzen auch einher gehen.

CR: Weißt Du, ich habe mich immer schon darüber geärgert, wenn von internationalen Pétanque-Events zu wenig oder gar nichts berichtet wurde. Wenn man ewig hinter Ergebnissen herrennt oder verzweifelt versucht herauszufinden, wann der DPV gegen wen als nächstes spielen muss. Aber es nutzt ja nichts, über schlechte Zustände nur zu meckern, man sollte zumindest auch einmal vormachen, wie es vielleicht besser geht. Und das ist es, was mich antreibt. Natürlich habe ich auch eine Idee, dass unser Engagement von heute: Deines, meines, das von Heinz Zabel, das der Trainer, Coaches und Begleiter, einen Beitrag zu einer verstärkten „Mitmach“-Kultur im DPV leisten können. Vielleicht gelingt es uns durch unseren Einsatz, Menschen zu motivieren, ebenfalls im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Förderung des Pétanque in Deutschland beizutragen. Ich freue mich in meiner Kernkompetenz „Kommunikation“ z.B. riesig über das Engagement von Jannik Schaake mit seiner Internetseite „Pétanque aktuell“. Das ist ein junger Mann, ein aktiver Spieler im DPV-Kader, der ein Stück weit vielleicht auch irgendwann die Zukunft der Kommunikation im DPV aktiv mitgestalten wird. Von Menschen dieses Kalibers brauchen wir mehr. Und wenn man Engagement einfordert, dann sollte man es – zumindest eine Zeit lang – auch einmal vorgelebt haben.