Ein Goetzke kommt selten allein

Eine begeisterte Boulefamilie

Soviel Begeisterung und Talent wie bei den Goetzkes ist wohl eher selten zu finden. Der Beginn war ein Frankreichaustausch in jungen Jahren von Hanns-Wilhelm Goetzke.

Frage: Wie bist du darauf gekommen, Petanque zu deinem Sport zu machen?

HWG: Mit 14, 15 Jahren war ich für ein dreiviertel Jahr Schüler in La Rochelle am Atlantik in der Charente-Maritime und auf dem Weg zur Schule bin ich am Boulodrome vorbeigekommen. Nach der Schule habe ich mich zu den älteren und jüngeren Spielern dort dazu gesetzt und fasziniert zugeschaut, wie die sie geschossen und gelegt haben. Jeden Tag habe ich mir die Spiele angeschaut und wurde so den Spielern bekannt. Irgendwann wurde ich von ihnen angesprochen und sollte mitspielen. Zunächst traute  ich mich nicht, da  ich  es nicht konnte und auch keine Kugeln hatte.
Doch die fehlenden Kugeln wurden mir einfach gegeben und ich hatte keine Ausrede mehr, so spielte ich mit. Zurück in Hannover spielte ich dann mit meinem Bruder noch vor Schulbeginn jeden Morgen eine Stunde auf der Allee. Das war mein Startschuss für Petanque, nach Mitte der 1950er Jahren und Ende der 60iger Jahre habe ich bereits in Frankreich Turniere gespielt.

Frage: Was hat Dich motiviert, Dich über das Spielen hinaus zu engagieren?

HWG: Ich war 10 Jahre Jugendwart im NPV und meine Jugendspieler waren sehr erfolgreich. Dazu zählten u.a. Jan Garner, Sascha von Pleß, Nicolai  Kirchhoff, Natascha Sieling, meine Kinder Lismarie, Pitt, Till und Tomi sowie mein Neffe Bernhard. Sie alle hatten Talent und ich sah meine Aufgabe darin, diese Talente zu fördern.

Frage: Wie hast du es geschafft, deine Kinder für Petanque zu begeistern?

HWG: Wir waren jedes Jahr in Frankreich an der Atlantikküste und was gibt es in Frankreich? Natürlich Boule unter anderem gibt es ein wunderbares Münzschießspiel, welches meine Kinder stundenlang begeistert geübt haben. Bei den Spielen zuhause waren die Kinder immer dabei, auch als sie noch im Kinderwagen lagen. Zum Teil wurde der Kinderwagen von den Mitspielenden des eigenen Teams oder des anderen Teams geschaukelt.

Frage: Du bist seit langer Zeit beim Boulesport dabei. Wie hat sich der Sport verändert im Laufe der Zeit?

HWG: Als ich anfing gab es keinen organisierten Sport. Dies entwickelte sich erst ab den 1980er Jahren. Zufällig habe ich damals in der Zeitung von einer Landesmeisterschaft in Hannover gelesen, u.a. mit einem Spieler namens Klaus Mohr. Ca. 25 Spieler nahmen teil und ich schaute zu. Ich dachte, das kann ich auch und meldete einige Bekannte und mich zur LM im Jahr 1987 an. Wir wurden auf Anhieb Landesmeister und durften zur Deutschen Meisterschaft fahren. Diese fanden in Münster statt und wir waren recht erfolgreich. Den Deutschen Meistertitel holten wir auch dort gleich im ersten Angang. Damals gab es auf Bundesebene zwei Verbände, wobei nur der norddeutsche dem damaligen Deutschen Sportbund angehörte, also berechtigt war Deutsche Meisterschaften durchzuführen.

Frage: Du bist auch Musiker, spielst Klarinette und Saxofon. Beides sind Holzblasinstrumente. Wie verträgt sich das Holzblasinstrument mit der Metallkugel und gibt es Parallelen?

HWG: Sehr gut verträgt es sich. Wenn ich die Boulekugeln in der Hand halte, dann ist die Klarinette oder das Saxofon vergessen und auch umgekehrt. Es ergänzt sich, das eine ist Sport und das andere Beruf. Jedoch gibt es eine Verbindung: bin ich im Kreis oder auf der Bühne, dann muss die Aktion passen. Der Schuss muss sitzen und der Ton getroffen werden. Je mehr Publikum, desto einfacher ist es. Bei einer großen Personenanzahl verschwimmt sie, stehen 7 Personen neben der Bahn und ich kenne sie alle,  ist der Druck da, aber aufgrund meines Berufes habe ich gelernt mit Druck umzugehen. Aufregung kenne ich gar nicht mehr.

Frage: Wie arg ge- und betroffen ist die Musikszene in der Pandemie?

HWG: Für Musiker, Schauspieler und Sänger ruht alles zwangsläufig. Ausnahme sind die im TV gelegentlich  auftretenden Künstler mit den aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Es ist ähnlich zum Fußball, die Bundesliga spielt, der Amateursport liegt brach. Onlinetreffen ersetzen nicht wirklich Präsenzveranstaltungen. Das letzte Konzert war im Dezember 2019.

Frage: Du komponierst eigene Stücke und kannst gut improvisieren. Ist die mentale Flexibilität aus der Musik beim Boule hilfreich?

HWG:  Ja. Ein Mensch, der improvisiert, entscheidet innerhalb von Sekundenbruchteilen in welche Richtung es geht. Sollte ein Wurf nicht das gewünschte Ergebnis bringen, muss ich mich entscheiden wie es weitergeht und da ist Flexibilität förderlich.

 

Frage: Sind Musiker dann auch gute Boulespieler?

HWG: Sie können es sein, ich kenne einige Musiker, die gute Spieler sind. Bekannte  Beispiele sind  Hannes Wader und mein Bruder Bernd Goetzke.

Frage: Wie bist du zur Klarinette gekommen?

HWG: Mit 6 Jahren habe ich mit Blockflötenunterricht begonnen und hatte ganz viel Spaß. Mit 10 Jahren wollte ich gerne Waldhorn dazunehmen, doch mein Lehrer sagte, dass ich zu klein und ich war frustriert. Ein Klassenkamerad hatte zufällig eine Klarinette und auf einer Klassenfahrt durfte ich sie mir mal ausleihen. Zwei Stunden habe ich keinen Ton herausbekommen und ich ärgerte mich über mich selber. Ich lieh sie mir für einige Woche aus und fand meine Liebe zur Klarinette. Ich spiele viele Musikrichtungen, von Klassik bis Jazz und brachte auch eine Jazzplatte heraus und das als klassischer Musiker.

Frage: Ihr seid alle gute Spielerinnen und Spieler. Was würdet ihr als Boulefamilie gerne mal erleben?

HWG: Eine schöne Erinnerung ist, dass wir einmal ein Spiel in der Niedersachsenliga in Essel hatten und es spielten acht Goetzkes: meine Frau Uta, mein Bruder, sein Sohn Bernhard, meine  4 Kinder Lismarie, Pitt , Till, Tomi und ich. Das würde ich gerne wiederholen. Oder beim Grand Prix in Hannover starteten wir mit sechs Goetzkes. In Runde vier spielte ein Team das vierte Mal gegen einen von uns und sagte: Nein, nicht schon wieder ein Goetzke!

Ein schönes Schlusswort und wir freuen uns immer wieder Bouleenthusiasten  wie Hanns-Wilhelm erleben zu dürfen.

Das Gespräch zwischen Hanns-Wilhelm Goetzke und Soeren Voigt wurde am 20. Mai 2021 geführt.