Trainer und Zukunft – Auch ein Blick zurück

SRG

Zukunft gibt es nicht ohne Vergangenheit, deshalb auch ein Blick auf den Weg von gestern zu heute.
Ein Blick zurück beinhaltet oft auch ein Quäntchen Wehmut – das berühmte lachende und das weinende Auge. Von Daniel Dias haben wir einen Rückblick auf seine Zeit als Bundestrainer Espoirs beim DPV erhalten. Aus dem Bericht spricht kein Wehmut, eher eine große Freude über das Erlebte. Glücksmomente, Adrenalin, Erfolge, Gänsehautmomente, das sind die Worte mit denen er zurückdenkt.
Aber lest selbst, was er uns geschrieben hat:

Im Telefonat mit Michael Dörhöfer habe ich, Daniel Dias, bestätigt, dass ich 2024 nicht mehr Bundestrainer beim DPV sein werde. Michael, der zu dem Zeitpunkt noch davon ausging, dass ich weitermache, bedankt sich für meinen Einsatz und die erzielten Erfolge. Er sagt: „Da müssen wir was veröffentlichen. Du kannst auch gerne selbst was schreiben.“
Gerne. Denn es soll kein nüchterner Bericht sein. Bundestrainer in einer Randsportart kannst Du nur als Überzeugungstäter mit Herz sein. Außerdem möchte ich Gedanken und Erlebnisse teilen und mich bedanken.

Der Beginn

2016 entsteht für die U 23 Nationalmannschaft erstmalig ein eigener Kader. Die Espoirs laufen nicht länger beim Senioren- oder Jugendkader „mit“, sie erhalten ihren eigenen Bereich mit eigenen Fördermitteln und suchen ihren eigenen Bundestrainer. In dem Jahr gebe ich einen Kurs in der Düsseldorfer Halle. Die eine Hälfte habe ich gemietet, die andere Hälfte der DPV für ein Jugendtraining. Man schaut immer mal rüber, was „die“ da so machen, beäugt sich gegenseitig, lernt sich kennen. Einige Wochen später kommen wir zusammen. Der erste Bundestrainer der Espoirs heißt Daniel Dias.
Internationales Pétanque ist ein anderer Sport. Die Böden sind härter, die Gegner stärker und wenn du mit Schiedsrichtern sprichst, aber selbst kaum Französisch kannst – naja. Spieler aus Deutschland kannte ich, aber so gut wie keine aus dem Jugendbereich. Hilfe gab es aus den Reihen des DPV und der Landesverbände; es finden erste Sichtungen statt und ich bilde einen ersten Kader mit acht Spielerinnen und acht Spielern.
Für die Europameisterschaft wird ein zusätzlicher Coach gebraucht, ich kann nicht zwei Teams in einem Turnier coachen. Aus der Not entsteht das Konzept, die Frauen und Männer von Jahr zu Jahr abwechselnd auf den EMs zu coachen. Dann kommt die erste EM in Torrelavega (ESP 2016), ich coache die Männer. Das letzte Vorrundenspiel verlieren wir gegen Monaco, zugleich der erste Gegner in der folgenden KO-Runde. Gewonnen! Nach der Partie sagt mir ein Spieler, dass es üblich sei, dass die Trainer sich auf die dafür vorgesehenen Stühle setzen. Ging leider nicht, ich war voll dabei. Am Ende ist es Bronze.

Die Bilanz

Glücksmomente, Adrenalin, Erfolge und unvergessliche Erlebnisse. Stell dir vor, du gehst mit deinem Team über die Marseillaise und die Leute sagen anerkennend: „Oh les Allemands“. Oder du spielst auf der EM ein unbedeutendes Vorrundenspiel im Carré d’honneur, es schaut keiner zu, bis sich die gesamte französische Delegation mit Spielern und Funktionären setzt, um Deutschland zu beobachten.
Stell dir vor, du meldest den Sieg bei der Turnierleitung und nach Runde 5 hört die Dame, die die Ergebnisse entgegennimmt, auf, verwundert zu fragen, ob wir schon wieder gewonnen haben und lost einfach weiter. Das habe ich genau so erlebt. Das sind besondere Momente, in denen du zufrieden und stolz bist und weißt, dass du einen guten Job machst. Das weißt du auch, wenn du den Platz stürmst, weil Deutschland Europameister ist, das sind dann die großen Gänsehautmomente.

Nach 8 Jahren und 6 EMs sind es 2 Gold-, 7 Silber- und 5 Bronzemedaillen und der Sieg der Marseillaise der Damen.

Die Zukunft

Die Zukunft der Espoirs liegt bei Marco Kowalski. Seit 2020 bilden wir das Trainerteam der Espoirs. Marco ist mit Haut und Haaren dabei. Er hat klare Vorstellungen, wie es weitergeht und solange das Präsidium dem Kader weiter den Rücken stärkt, sind die Voraussetzungen gut.
Bei den Frauen sind wir gut aufgestellt, 2 Jahre in Folge Vize-Europameister mit 7 unterschiedlichen Spielerinnen, das spricht für eine gute Kaderstärke in der Breite. Bei den Männern haben die anderen Nationen den Vorsprung vergrößert. Frankreich, Italien und Spanien spielen auf dem Niveau der Senioren. Das können die deutschen Espoirs noch nicht dauerhaft erreichen. Wir brauchen mehr Wettkampfhärte und Eifer.

In meiner Zukunft werde ich mehr Wochenenden mit meiner Familie zuhause verbringen. Ich werde mich auf mein eigenes Spiel konzentrieren und freue mich darauf, selbst mehr zu trainieren. Mit dem Lizenzwechsel spiele ich in einem anderen Landesverband und freue mich auf neue Impulse. Sportliche Ziele sind die Bundesliga und die Nationalmannschaft der Veteranen. Kurse werde ich weiterhin geben und nach dem Erfolg meines ersten Buchs 100 Tipps, die dein Spiel verbessern weiter am zweiten Buch arbeiten. Michael hat allerdings „angedroht“, dass er mich das eine oder andere Mal gerne für verschiedene Aufgaben holen möchte, und darauf freue ich mich, weiterhin Teil des DPV zu sein.

Ich habe so unglaublich viel über das Spiel und über Menschen gelernt, internationale Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen. Alles in allem habe ich viel gesehen und (fast) alles erlebt. Wir sind viel gereist, haben diskutiert und viel gelacht. Für diese Erfahrungen kann ich mich nur bedanken.

Danke, DPV!

Auch wir sagen Danke, der DPV bedankt sich bei Daniel für die geleistete Arbeit. Ihr könnt seine Erfolge noch einmal sehen, die Playlist der Espoirs EM 2023 in Monaco haben wir für Euch verlinkt; ebenso den Rückblick auf die Marseillaise 2021.

Soviel zu Daniel.

Die Junioren

erleben in 2024 ebenfalls einen Trainerwechsel.
Neben Daniel verabschieden wir uns von zwei weiteren Trainern. Martin Kuball und Stefanie Schwarzbach haben unsere Jugendlichen jeweils etwa fünf Jahre lang begleitet. Sie haben die jungen Spieler vom Spiel über den Sport an den Leistungssport herangeführt.

Zuerst geht es in diesem Prozess darum, zu sichten. Das ganze Jahr über Veranstaltungen zu besuchen, an denen junge Spieler teilnehmen, sie dort möglichst unbeeinflusst zu beobachten und Potenziale zu erkennen.
Diese gilt es dann auszuwählen und während der Kadermaßnahmen die Wahl bestätigt zu finden – oder eben auch nicht.

Für die Spieler gehört dann dazu nicht nur das Lernen, wie man die Kugel wirft. Wichtiger ist die Entscheidung, wann welcher Wurf angemessen ist, wann ich wie agiere und wie ich mit meinen Mitspielern zusammenarbeite. Wie kann ich mich auf meinen Gegner einstellen und wie kann ich ihm mein Spiel aufzwingen – Taktik also.
Dazu die Frage, wie ich mich auf einen Wettbewerb vorbereite, physisch wie mental.

Alle Aspekte, die die alten Hasen kennen müssen hier von Grund auf vermittelt werden. Spiel-Sport-Leistungssport und das Alles muss auch Spaß machen, denn ohne den Spaß passiert es schnell, daß auch der Wille zur Leistung verlorengeht.
Fast jedesmal die Gratwanderung, unsere Kaderspieler zu fordern aber nicht zu überfordern und sie vor Allem mit Spaß bei der Sache zu behalten.

All das auch noch -wie man rechts sieht- unter den kritischen Augen der Trainer.

Erinnern

Auch hier gibt es positive Erinnerungen, an den fünften Platz bei der EM 2018 zum Beispiel. 2021, beim ersten nach-pandemischen Wettbewerb der Jugend bei der WM in Santa Susanna war es ebenfalls der fünfte Platz und hier könnt Ihr noch einmal erleben, welche Spannung im vorletzten Spiel, dem Achtelfinale gegen Marokko lag. Legendär der Kommentar von Christoph Roderig, aber vorsicht: bei 49:30 solltet Ihr die Lautstärke herunterregeln.
Natürlich vergessen wir nicht den Titel des Europameisters im Präzisionsschiessen, den Justin Neu in 2022 gewonnen hat, hier haben wir das komplette Finale verlinkt und -für die Interessierten mit kürzerer Aufmerksamkeitsspanne- den Zusammenschnitt.

Wir erinnern uns aber auch hier an mehr, auch bei den Wettbewerben, die für das Deutsche Team im Nations Cup endeten, haben wir tolle Spielzüge und spannende Spiele gesehen.

Der DPV bedankt sich bei Stefanie Schwarzbach und Martin Kuball für ihren langjährigen Einsatz für und mit unseren Jugendlichen.

Auch bei der Jugend blicken wir nun nach vorne und wollen mit dem neuen Trainerteam Maurice Racz und Pascal Verbregue (die wir auch hier in alphabetischer Reihenfolge nennen) die Arbeit wieder aufnehmen und die nächsten Erfolge anstreben. Ob und wie das gelingt seht Ihr zuerst beim Deutsch-Französischen Jugendaustausch Ende Juli/Anfang August und dann bei der EM der Junioren und der Espoirs Anfang Oktober.

Bis dahin: Bleibt neugierig.