DPV 10 Fragen – Austern, Boule, Champagner?

10 Fragen an Sigi Braun

Sylter Bouletten

Heute spreche ich mit Siegfried Braun, Vorstand der Sylter Bouletten, der nördlichsten Pétanque-Spielgemeinschaft  in Deutschland, die im DPV organisiert ist. Siegfried wird von allen Boulespielern Sigi genannt, also auch hier.

Frage: Wie bist Du darauf gekommen, Pétanque zu Deinem Sport zu machen?

Sigi Braun: Das begann 2010. Der damalige Präsident der Bouletten, die sich 2009 gegründet hatten, war wie ich Chorsänger im Sylter Shanty Chor. Eines Tages hat er mich angesprochen und gefragt: „Mensch, Sigi, hast Du nicht mal Lust mitzukommen?“ Ich habe mich dann an meine Jugend erinnert, Schüleraustausch in der Bretagne, Franzosen, die jeden Tag gespielt haben mit Baskenmütze und kalter Gauloises im Mundwinkel. Ich bin mitgegangen und war vom ersten Moment an begeistert. Nach 35 Jahren Volleyball war ich auch nicht mehr so fit und von daher war ich ganz froh, auch sportlich wieder etwas für mich entdeckt zu haben.
Irgendwann habe ich dann auch meiner Lebensgefährtin gesagt: „Komm doch mal mit.“ Die Antwort wird mir immer in Erinnerung bleiben: „Das ist doch kein Sport.“ Als ehemalige Handballerin hatte Sie da andere Ansichten, aber sie ist dann trotzdem mitgekommen – und das Schicksal nahm seinen Lauf – inzwischen ist sie sogar lizenzierte Trainerin für den Boulesport.

Frage: Was hat Dich motiviert, Dich über das Spielen hinaus zu engagieren?

Sigi Braun: Die Spielgemeinschaft war damals noch jung, meine Christa war zum Kassenwart des Vereins geworden und so war ich bei mancher Sitzung des Vorstandes einfach dabei. Bei manchen Aufgaben habe ich gemerkt, dass ich diese auch übernehmen könnte und so hat es sich ergeben, dass ich bei der Organisation von Schnupperkursen und Turnieren einfach mitgeholfen habe. 2014 meinte dann der alte Präsident, daß 5 Jahre genug seien und es war außer mir niemand anders bereit, ihm nachzufolgen.

Frage: Das hört sich ganz normal an, wie man es von vielen Vereinen sonst auch kennt. Aber Sylt, da muss ich einfach fragen: Muss ich bei euch in Designerklamotten auf den Platz kommen und darf auch ein normales Mittelklasseauto auf Euren Parkplatz?

Sigi Braun: Wir Sylter kommen mit ganz normalen Autos oder auch wie viele unserer Gäste im Sommer mit dem Fahrrad.

Frage: Euer Platz ist ja recht groß ist – ist er im Sommer auch schon einmal voll?

Sigi Braun: Der Platz, um den uns übrigens viele Spieler wegen seiner idyllischen Lage beneiden, gehört der Gemeinde Kampen und wird vom Tourismusservice Kampen gepflegt. Bis zu 48 Personen können auf acht Bahnen spielen und voll sind wir spätestens am letzten Augustwochenende, dann veranstalten wir ein Turnier und sind in der Regel ausgebucht. Die meisten Spieler sind dann allerdings Gäste. Ansonsten spielen wir am Mittwoch, Freitag und Sonntag. Zusätzlich spielen wir Dienstags auf einem Platz in Wenningstedt. Wir sind also ganz schön aktiv.

Frage: Wieviel Sylter spielen denn Boule?

Sigi Braun: Auf unserer Liste haben wir 33, aber da sind auch etliche Passive dabei, die aus unterschiedlichen Gründen heute nicht mehr spielen. Unser Altersdurchschnitt liegt bei 73,48 Jahren, der jüngste Spieler ist 64, die älteste 91 Jahre alt. Das Schöne am Boulesport ist ja, daß man ihn bis ins höchste Alter ausüben kann.

Frage: Eure Insellage macht es etwas schwieriger, Liga oder Meisterschaften zu spielen, die Wege sind länger und die Fahrpläne über den Hindenburgdamm stehen auch fest. Nehmt Ihr trotzdem am „großen“ Spielbetrieb teil??

Sigi Braun: Nein, definitiv nicht. Ligaspieltage sind samstags und da ist hier Bettenwechsel. Morgens um vier aufzustehen und mit Glück einen Platz auf dem ersten Autozug zu bekommen, damit man rechtzeitig am Spielort ist – der Aufwand ist einfach zu groß. Von Zeit zu Zeit fahren wir aber in eher kleinen Gruppen zu großen Turnieren, nach Travemünde oder Fehmarn oder kleineren Turnieren von befreundeten Vereinen in Schleswig-Holstein.

Frage: Nochmal zurück zur besonderen Insel, gibt es bei Euch auf dem Platz auch besondere Gäste, die nicht so die typischen Bouler sind?

Sigi Braun: Ja, der ranghöchste deutsche Bürger war schon bei uns, unser Bundespräsident hat sogar bei uns schon gespielt, allerdings war er damals noch Außenminister.
Regelmäßig kommen auch die „Bentleys“, seit vier Jahren schon. Jemand vom Vorstand des Bentley Owners Club Europe hatte mich angesprochen; er suchte nach etwas, was er im Rahmen des Frühjahrstreffens mit den Fahrern auf der Insel anstellen könnte. Und so sind die einmal im Jahr für ein paar Stunden bei uns und fühlen sich wohl.

Frage: Schön, daß sich -wie ich es nicht anders kenne- hier Bodenständiges wie der Boulesport und, naja, nicht ganz so Bodenständiges wie Bentley zusammenfinden. Gibt es da Berührungsängste?

Sigi Braun: Wir sind da vollkommen schmerzfrei, egal, wer bei uns auf den Platz kommt, wird angesprochen, ob er nicht Spaß hat, mitzuspielen und so sind Bekanntschaften und sogar echte Freundschaften entstanden.
Einer fehlt uns aber; Jürgen Klopp hat ein Haus nahe beim Platz, wir haben ihn auch schon oft gesehen und angesprochen, wenn er mit seinen Hunden unterwegs war, aber er wollte noch nie mitspielen.

Frage: Vielleicht passen eure Spielzeiten ja nicht zu den Spielzeiten der Premier League?

Sigi Braun: Eigentlich schon, da wir ja ganzjährig spielen.

Frage: Nun noch zum Titel des Berichtes, wenn Ihr spielt, gibt es dann ganz normales Catering mit Bratwurst oder tatsächlich Austern und Champagner zum Boule?

Sigi Braun: Catering gibt’s nur bei Veranstaltungen, allerdings eher belegte Brötchen, Kaffee, Brause, Bier. Kampen ist ja reetgedeckt und da dürfen wir keine Bratwurst am Grill zubereiten.

Zehn Fragen sind gestellt, zehn Antworten gegeben, vielen Dank und viel Erfolg für die Zukunft.

Die Fragen stellte Michael Regelin am 29.10.2020